Nord Westküste, 
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dünn wie eine Schnur und dunkelblau. Von den Männern haben 
diese Zierrath nur die Tajons oder Ältesten, und je länger die Lippe 
herabhängt, um so mehr glauben sie an Schönheit zu gewinnen. 
Männer und Weiber durchbohren auch die Nasenknorpel und stecken 
Federkiele, eiserne Ringe und allerlei Zierrathen hinein. Auch in den 
an vielen Stellen durchstochenen Ohren tragen sie Gehänge von Kno¬ 
chen, Muscheln und Glasperlen. „Es ist unbeschreiblich, sagt Kotze- 
bue, wie empörend und ekelhaft dieses Volk erscheint. Das Schauer¬ 
lichste bleibt indessen die hölzerne Unterlippe der Weiber, die trogartig 
ausgehöhlt, den Speichel aufbewahrt, der ihren Mäulern durch das 
immerwährende Tabakkauen, wovon sie große Liebhaberinnen sind, reich¬ 
lich entquillt. Der Koljusche, sagt derselbe Reisende, findet seine wider¬ 
wärtigen Landsmänninnen mit ihren Lippentrögen so reizend, daß sie 
oft die heftigste Leidenschaft in ihm erregen. Den Beweis davon lie¬ 
fert eine Begebenheit, welche sich während unsers Aufenthalts in Sitka 
(1825) unter einer Horde Koluschen zutrug, die sich in der Nähe der 
Festung gelagert hatte. Ein Mädchen hatte 4 Liebhaber, deren Eifer¬ 
sucht in heftigen Streit ausbrach. Nachdem sie sich lange herumge¬ 
prügelt hatten und keiner abstehen wollte, beschlossen sie die Geliebte 
zu ermorden, die auch sogleich unter ihren Lanzenstößcn verblutete. Um 
den Scheiterhaufen, auf welchem die Leiche verbrannt wurde, versam¬ 
melte sich die ganze Horde und sang ein Lied, von dem einige unserer 
Landsleute, die schon lange hier gewesen waren, die Worte verstanden: 
du warst zu schön; du durftest nicht leben. Man brauchte dich nur 
anzusehen, um rasend zu werden." 
Die Kleidung der Koluschen besteht mehrentheils nur aus einer 
kleinen Schürze. Die Wohlhabendem tragen wollne Decken, die sie von 
den Russen oder von den Schiffen der Nordamerikanischen Freistaaten 
bekommen und sie mit 2 Ecken um den Hals zusammenbinden, so daß 
sie über den Rücken hinunterhängen. Einige tragen auch Bärenfelle 
auf die nämliche Art. Die Allerreichsten sind im Besitz einiger Eu¬ 
ropäischen Kleidungsstücke, die sie aber nur bei den feierlichsten Gele¬ 
genheiten anziehen. Den Kopf bedecken sie, wenn es recht stark reg¬ 
net, mit einer künstlich aus Gras geflochtenen kegelförmigen Mütze, 
durch welche kein Tropfen Wasser dringt. Ihr Körper wird von Kind¬ 
heit an gegen Kälte und Schmerzen abgehärtet. So schneiden sich 
die Knaben oft mit einer scharfen Muschel den Arm der ganzen Länge 
nach auf und rühmen sich ohne Schmerzenslaut einer solchen Helden¬ 
that. Selbst bei einer Kälte von 20 Grad dulden die Koliuschen keine 
Fußbekleidung, und gehen aus dem heißen Bade ins Meer, wo sie 
ruhig eine halbe Stunde sitzen bleiben. Bei der größten Hitze, wie 
bei der größten Kälte sind sie auf gleiche Weise gekleidet, und vielleicht 
ist kein Volk in der Welt so sehr gegen den Einfluß der Witterung 
abgehärtet, als dieses. Kotzebue sagt, daß er Koluschen bei 10 Grad 
Kalte nackt herum gehen gesehen habe. Wird es ihnen zu kalt, so
	        
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