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Norwegen.
Normannen hinanslockten auf den tobenden Ozean, in
fernen Gegenden zu suchen, was ihm seine rauhe Heimat
versagte. — Endlich, tief innen im gewundenen Seethale,
wo das Gebirge sich zur Schlucht verengt, in schmaler
Felsenspalte, endet der Fjord. Von der Höhe herab des
finsteren Schruudes ergießt sich in wilden Sprüngen ein
kleines Bächlein in die See. Am schmalen Landungs¬
plätze liegen im trefflichen Naturhafen kleine leichte ein¬
mastige Seeschiffe von trefflicher scharfer Bauart vor Anker.
Man landet, und nun geht es an der jähen Wand em¬
por, auf breiten treppenartigen Felsabsätzen, nicht selten
begleitet von äolsartigen Klängen des aus Höhlen
hervor- und herabrieselnden Bächleins. Endlich ist, müh¬
sam genug, die Höhe erstiegen, ein Felsenthal zwischen
hohen Bergdomcn, mit herrlichen Wiesen und dicht von
Tannen-, Fichten- und prachtvollen Birkenwäldern um¬
schlossen, nimmt den Wanderer auf, und ist noch eine
kleine Anhöhe erreicht, so eröffnet sich der Blick auf die
majestätisch wilden Gebirge Norwegens und ihre Riesen-
gletscher.
Im einsamen Thale hieroben liegt ein ländliches Hof¬
gut. Im Schutze der Felswand steht ein niedriges, braun
angestrichenes, auf rohen Steinen ans wagerechten Balken
erbautes Haus, mit weit vorspringendem Dache ans mäch¬
tigen Tannendielen mit darauf lastenden Felötrümmern;
wenige kleine Fenster, die alten derben Wände mit dich¬
tem Moose und Flechten bedangen, große Holzschuppen
umher; halbwilde Hunde bellen. Innen im Hause starke
Bohlentbüren, schwergedielte Wände, in der Ecke ein Kru¬
zifix, auf Gesimsen umher schönes reinliches Porzellan und
Zinngeschirr nebst großen Thranlampen, an den Wänden
blanke Spieße und Schwerter zwischen gewaltigen Har¬
punen, Kugelbüchsen, Hirschfängern und andern Fisckerei-
und Jagdgerätben. In den Schlafzimmern treffliche
Betten mit Decken von Eiderdunen, Alles meist reinlich
und einladend, eine Wohlhabenheit bezeugend, die man
in dem rauhen Lande nicht erwartet hätte. Auf dein Hofe