9.8 88. Albrecht Dürer.
wegen seines sanften, zuvorkommenden Wesens, seines tadellosen, frommen
Benehbmens.
Als er die Schule verliess, nahbm ibn sein Vater zu sich in die Lebre,
damit er gleieh ihm ein tüchtiger Goldschmied werden möchte; aber still
im Innern hegte er den brennenden Wunsch, das Handwerk verlassen
und der edleren Kunst der Malerei sich widmen zu dürfen. Der alte
Herr Dürer mochte wohl bedenken, dass gezwungenes Werk nimmer gute
Frũchte trägt, und gab endlich seinen Sobhn bei Michael Wohlgemuth
in die Lehre, einem Künstler, der sich nicht allein im Malen und Zeichnen,
sondern auch im Holzschneiden und Kupferstechen, sowie auch in der
Formschneidekunst auszeichnete.
Binnen drei Jahren hatte Albrecht seinen Meister nicht nur erreicht,
sondern dieser selbst, in schönem Stolze auf seinen wvackeren Schüler,
gestand ein, dass er von diesem ũübertroffen worden sei.
Je lauter in dieser Zeit Albrechts Lob aus aller Munde erscholl,
desto bescheidener und inniger fühlte der Jüngling, dass er noch viel zu
lernen habe, um die Höhe der Kunst zu erreichen. Er sehnte sich darnach,
eine Kunstreise zu machen, die berühmten Maler der Niederlande und
Italiens kennen zu lernen, ihre Werke zu studieren und sieh selbst nach
Krãften auszubilden und zu verbessern. So verliels er denn im Jahre
1490 mit Bewilligung seines Vaters die Heimat, durehzog Deutschland,
die Niederlande, Elsass und ging endlich nach Basel, wo er sich einige
Zeit bei den berühmten Brüdern Schön aufhielt. Uberall vard er mit
Liebe empfangen, und nach einigen Jahren kehrte er als vollendeter
Meister in seine Heimat zurück.
Auf Anraten und mit Unterstützung seines Freundes Wilibald
Pirkheimer ging er 1506 nach Venedig, vo damals die grölsten
Meister der venetianischen Schule thätig waren. Während Dürers Ab—
wesenheit übernahm der edle Pirkheimer die Sorge für dessen Hauswesen,
besonders für die Mutter, velebhe Albrecht nach dem Tode seines Vaters
zu sich genommen und liebevoll gepflegt hatte.
In Venedig gefiel es unserm Albrecht sehr wohl, und er sah sich in
einer ganz neuen Welt; er ward überall mit Hochachtung und Läebe auf-
genommen, und seine Arbeiten vurden ihm reichlich mit goldenen Dukaten
bézahlt. Albrecht Dürer gab sieh aber auch alle Mühe, immer noch
Neues zu leèrnen. So reiste er nach Bologna nur in der Absieht, die
Perspektive vollkommen zu erlernen. und als er ein Gemalde wieder zu
Gesicht bekam, das er elf Jahre vorher angefertigt hatte, sprach er offen
darũber also: „Dieses Ding, das mir vor elf Jahren so vwohl gefallen hat,
gefallt mir jetzt gar nieht mehr. und wenn ieh nicht wüsste, dass es von
mir wàre. so wũrde ieh es nicht glauben.“
Von den Gemälden, velebe Dürer in Venedig anfertigte, ist wohl
das prachtigste die Krönung Kaiser Maximilians J. und seiner Gattin,
2