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Tokayer Weinlese. Munkacz.
eine Kirche hat, rings von Weingärten umgeben ist und die beste Weinsorte auf
dem Hügel „Honigseim" (mo268-m-il6) baut. Ein uraltes Schloß, Fische, Salz¬
niederlage und Dampfschifffahrt geben dem Städtchen Leben und Wichtigkeit.
Dampfschiffe kommen und gehen, schwerfällige Theißkähne schwimmen heffan,
um Obst over Salz zu holen, Weinhändler und Winzer sammeln jährlich über
250,000 Eimer Wein, wovon der vierte Theil echter Ausbruch ist, denn man hält
in der ganzen Hegyalja zwei Weinlesen, da man Trockenbeeren für den Ausbruch
und Tretbeeren für die Tischweine Anfang Novembers sammelt. Hei! wie lustig
jubelt der Weinbauer, wenn er die braunen eingetrockneten Beeren in der Butte
mit dem durchlöcherten Boden austritt, daß der dunkle Saft in die untergestellte
Kufe läuft, worauf er die zurückgebliebenen Trester auf der Mostpreffe ausdrückt
und den trüben Most durch Gährung in den Fässern in klaren durchsichtigen
Wein verwandelt, so daß er ihn nun in andere Fässer ablassen kann, um ihn
von der abgelagerten Hefe zu befreien. Um aber auch Champagner zu erzeugen,
füllt der Weinbauer den Wein vor der Gährung in Flaschen, die er wohl ver¬
stopft und versiegelt, damit das kohlensaure Gas nicht entweiche. Der gute
Tokayer wird für so kostbar gehalten, daß er selbst an Ort und Stelle zu hohem
Preise gekauft werden muß.
Das jenseits der Theiß liegende Comitat Beregh Ugocsa hat zwar feine Gold¬
gruben müssen eingehen lassen, bricht aber dafür Mühlsteine, siedet Alaun, findet
zu Vereczke die ungarischen Diamanten, wie man die wasserhellen Bergkrystalle
nennt, und hat zu Szeleszko ein großes Eisenwerk mit einer Maschinenwerkstätte
errichtet. Der interessanteste Ort bleibt jedoch der Marktflecken Munkaes an der
Latorcza mit einer langen Brücke, Strumpfwirkereien und einer Bevölkerung,
die aus Ungarn, Ruthenen und Deutschen besteht, wie dies auch im ganzen
Comitat sich fast iibcrall wiederholt. Als die Ungarn unter Arpad nach beschwer¬
lichem Zuge über die Berge gestiegen waren, schlugen sie hier ein Lager aus und
nannten den Ort Munka, d. h. Mühe. Auf dem isolirten 240 Fuß hohen Felsen
in der Nähe der Stadt erbaute der litthauische Herzog Keriatovich 13.60 eine Feste,
ließ einen 48 Klaftern tiefen Brunnen durch den Fels bohren, und Emerich Tö-
kölv's heldenmüthige Gemahlin Helena Zriny machte diese Feste durch ihre Ver¬
theidigung weit und breit berühmt. Schon seit 2 Jahrhunderten pocht im Wis-
nitzthale ein Eisenhammer, und noch heute ist das Städtchen, w'elches in reizender
Gegend in der Mitte zwischen Pest und Lemberg liegt, ein viel besuchter Markt¬
ort. Eine weite Ebene mit Viehtriften und Feldern breitet sich im Süden der
Tatraausläufer aus, auf der einen Seite umgeben von schattigen Hainen, aus der
andern von Rebenhügeln und Bergwald, von welchem herab die weißen Mauern
und Thürmchen des ruthenischen Klosters freundlich schimmern. Während dicht
unter den Fuß des Festungsberges die 100 Häuser des Handwerkerdorfes Palanka
sich geflüchtet baben und bei der Stadt die 84 Klaftern lange und 5% Klaftern
breite Brücke bedächtig über den Fluß schreitet, schaut in der Stadt selbst das
alte Grasenkastell mißvergnügt auf die kleinen Bürgerhäuser der Nachbarschaft
herab. Liebliche Fernsichten in die galizischen Berge und über die beginnende