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ins Thal, das nach dem böhmischen Dorfe Hirnischkretschen 
führt, wo ein Dampfschiff, deren jetzt acht bis zehn den Elbstrom 
durchschneiden, des müden Wanderers wartet, um ihn auf Sachsens 
Hauptstrome hinabzuschaukeln. — 
Wer möchte nicht an schönen Sommertagen einmal die Heimath 
verlassen und an diesen Reizen der Natur sich ergötzen? Wen dürfte 
es wundern, wenn alljährlich Tausende und oft ganze Karavanen 
dieser herrlichen Berggegend zuströmen? 
15. Die Leipziger Messe.* 
Das Königreich Sachsen besitzt an Leipzig einen Handelsplatz, 
der nicht allein ein vaterländischer, nein, ein deutscher, ein europäi¬ 
scher genannt zu werden verdient. Da ist Gewölbe an Gewölbe, 
Niederlage an Niederlage. Welch ungeheurer Verkehr, welche Han¬ 
delsthätigkeit muß hier stattfinden! Das sollte Otto der Reiche, der 
Stifter der Leipziger Oster- und Michaelismesse, sehen! Wie klein 
und gering war damals die Stadt, und jetzt wie groß und prächtig! 
Kaum ist Ostern vorüber, welch reges Leben beginnt auf den 
Straßen, welches Drängen, welches Treiben, welche Geschäftigkeit! 
Man muß sie sehen die fast endlosen Wagenzüge, welche auf seinen 
fünf Eisenbahnen fast stündlich heranrollen, muß Zeuge der Regsam¬ 
keit auf seinen Bahnhöfen beim Auf- und Abladen jener Kisten und 
Kästen, Ballen, Lasten und Fässer sein. Welche Wagenmaffen rollen 
zu seinen Thoren herein, vom einspännigen Lederkarren des Rhein¬ 
länders bis zum stattlichen Sechsgespann des Niederdeutschen, Bad- 
ner und Würtemberger Fuhrmanns. Vor allen Gewölben, allen 
Niederlagen stehen große Kisten und Ballen, und was der Gewerb- 
fleiß vieler Städte, großer Fabrikbezirke ganzer Länder in gedachter 
Zeit geschaffen, hier findet es im Zusammenflüsse seinen Handels¬ 
platz. Die Fabrikanten und Gewerbsmänner Sachsens, seine Hand¬ 
werker neben den Fabrikanten Schlesiens, Brandenburgs, der Rhein- 
lande, Würtembergs und Badens und der sächsischen Herzogthümer 
finden sich hier zusammen. Selbst die Schweiz hat zahlreiche Ver¬ 
treter; Frankreich mit seinen Modeartikeln, seinen Seidenwaaren, 
seinen Rauchwaaren; England mit seinen gewaltigen Niederlagen 
wollener, baumwollener und Stahlwaaren. Firmen, drüber und 
drunter, Namen und Städte, wie sie kaum auf der Landkarte zu 
finden sind. Welches Drängen und Treiben in den ersten Wochen 
einer Messe unter den Ein- und Verkäufern! Allein oder mit einem 
Dolmetscher wandern sie von Niederlage zu Niederlage; freundlich 
heißt man sie willkommen, hier in englischer, dort in französischer, 
deutscher und italienischer Sprache. Dieser Jude mit dem langen 
* L. Thomas.
	        
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