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der Elbe im Norden bis an die Ostsee wohnen. Den lechischen
Slawen dagegen gehören die Polen zwischen Oder und der mittleren
Weichsel, die Pommern nördlich von ihnen und die Schlesier an, die
zwischen Oder, Bober und den böhmisch-mährischen Gebirgen saßen.
Danach bildete die untere Oder eine besondere Scheidegrenze zwischen
den Völkerstämmen. Auch von den polabischen Völkerschaften saßen
mehrere auf dem Gebiete, das heute links von der Oder zu Pommern
gehört. Es ist aber bei dem Mangel an Nachrichten nicht festzu¬
stellen, ob die verschiedenen Namen einer und derselben Zeit an¬
gehören. Vielmehr muß es als wahrscheinlich gelten, daß auch hier,
ähnlich wie bei den Germanen, mancherlei Wechsel, manche Ver¬
änderung stattgefunden hat, bei der Stämme entstanden oder ver¬
gangen sind. Links von der Oder wohnte das Volk der Milzen,
die sich selbst als Weletaben, d. H. die Großen, bezeichnet haben sollen.
Später, im zehnten Jahrhundert, werden sie Liutizen genannt. Ob
nur ein Wechsel in der Bezeichnung stattgefunden hat oder politische
Veränderungen eingetreten sind, bleibt unklar. Sie wohnten im
östlichen Mecklenburg, Vorpommern, der Uckermark und der Mittel¬
mark und zerfielen in eine große Zahl von einzelnen Völkerschaften,
von denen besonders vier als eng untereinander verbunden genannt
werden, die Kissiner (an der Recknitz), die Circipaner (zwischen Recknitz,
Trebel und Peene), die Tollenser (zwischen Peene und Tollense) und
die Redarier (an der Tollense). Auch die Uckrer (an der Ucker) ge¬
hörten zu ihnen. Wahrscheinlich waren auch die Bewohner der
Oderinseln Wenden liutizischer Herkunft. Zu ihnen gehörten auch
die auf Rügen wohnenden Ranen. Westlich von den Liutizen saßen
im größten Teile des heutigen Mecklenburgs die Obotriten, südlich
die Heveller.
Als die sichtbarsten Zeichen der wendischen Kultur gelten die
gewaltigen Erdwälle, welche die Bewohner hier und dort im Lande
errichteten. Mögen manche von diesen sogenannten Burgwällen
wenigstens in ihren Anfängen auf die Germanen zurückzuführen fein,
zumeist sind sie jedenfalls Werke der Slawen, die sie in sumpfigem
Gebiete, an oder zwischen Seen, jedoch, wie namentlich auf Rügen,
auch auf Hügeln anlegten. Die Wälle fallen meist nach der Außen¬
seite steiler ab und schließen ein kefselförmiges Inneres ein, in das
von einer Seite ein Zufuhrweg führt. Für diese ist ebenso wie für
die Sumpfburgen oft erst durch versenkte Bäume und Sträucher ein
fester Grund geschaffen. Vorwälle und andere Befestigungen dienten
zur Verstärkung dieser Burgen. Auf der Höhe des Walles waren
Pallisaden und andere hölzerne Schutzbauten errichtet. Der Bau
dieser Werke muß oft nicht geringe Mühe gemacht haben, zur Hilfe
dabei, zum „Burg- und Bruchwerk", waren die Umwohner ver¬
pflichtet. Denn zumeist galt es Schutz- und Zufluchtstätten zu
schaffen. Die Burgwälle waren in der Mehrzahl die festen Punkte
des Landes, wohin die Bevölkerung sich bei Krieg und Gefahr