II. Frankreich. 189
gen Fabriken ernähren. Auch hier sind mehrere gelehrte Gesell¬
schaften. Der Dichter Malberbe ward hier 1555 geboren.
Obwohl vom Meere bespült, hat die Normandie doch von Na¬
tur keinen bedeutenden Hafen, denn die Hafen von Dieppe, St.
V aller y, Monsieur und selbst Havre de Grâce oder ie Havre,
am Ausfluß der Seine, obgleich letzterer ein Seearsenal besitzt, sind
doch zu klein und nur für Kauffahrteischiffe geeignet. Schon längst
hatte man das Bedürfniß eines guten Kriegshafens an dieser Küste
gefühlt, und deshalb wurden einige Jahre vor der Revolution un¬
geheure Summen verwendet, um den an sich unbedeutenden und
seichten Hafen von Cherbourg (Coriallum) (Portsmouth gerade
gegenüber) tiefer, geräumiger und sicherer zu machen. Tie Haupt¬
schwierigkeit bestand darin, einen künstlichen Damm ins Meer zu
werfen, um die hier ganz vorzüglich mächtige Gewalt der Fluchen
zu brechen und den Schiffen im Hafen Sicherheit zu verschaffen.
Auch Napoleon verwendete viel an dieses große Werk, welches erst
1812 völlig beendigt wurde. Nach Cherbourg wurde die 1830 ver¬
triebene königliche Familie geführt und schiffte sich von hier nach
England ein.
5. Bretagne, oder die Departements: Finisterre, Cô¬
tes du Nord, Morbihan, iiie et Vilaine und Loire inférieu¬
re. Auch diese Provinz hatte lange Zeit ihre eignen Fürsten. Die
Bewohnerderselben, Bretons genannt, sind, wie schon der Na¬
me andeutet, Stammverwandte der alten Britten und vermuthlich
auch der Gallier; daher hat sich auch im westlichen Theile des Lan¬
des, ehemals busse Bretagne, die alte Sprache der Ureinwoh¬
ner, le bas Breton, unter dem Landvolk erhalten. Jahrhunderte
lang herrschten hier erst die Normänner, dann die Engländer,
dann eigne Herzoge mit den königl. Häusern von England und
Frankreich verwandt. Die letzte Herzoginn Anna heirathete nach
einander die Könige Carl VIII. und Ludwig XII., ihre Tochter
aber Franz I., wodurch 1532 Bretagne mit der Krone Frankreich
für immer vereinigt ward. — Diese Provinz bildet eine in das
atlantische Meer gestreckte Halbinsel, sie ist meist eben, nur im
nördlichen Theile etwas bergig. Der Boden ist im Ganzen zwar
fruchtbar, doch nicht ausgezeichnet, und der Anbau sehr mittel¬
mäßig: Getreide, Flachs, Obst und ziemlich gute Pferde sind die
Haupterzeugnisse. Das Landvolk ist arm, roh und schmutzig.
Die lange Küstenfirecke und die vielen Häfen geben Veranlassung
zum Handel und Fischfang. Die bedeutendsten Städte sind:
Bennes (Condate), am Zusammenfluß der Ille und V ilaine,
mit 30000 Einw.; eine sehr alte Stadt mit engen, finstern Gas¬
sen. Sie hat etwas Handel und Fabriken, besonders von Se¬
geltuch.
St. Malo, eine befestigte Stadt, auf einer Insel, die nur
durch einen schmalen Damm mit dem Lande zusammenhängt. Der