Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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Landesherr, der Kurfürst von Sachsen, zum Lehrer an der neu 
errichteten Universität zu Wittenberg. 
2. Luther und Tetzel. — Im Jahre 1508 trat 
Luther diese Stelle an. Er erwarb sich die Würde eines Dok¬ 
tors der heiligen Schrift und gewann als Professor und Pre¬ 
diger viel Ansehen. Plötzlich that sich für ihn eine noch größere 
Wirksamkeit auf. Im Jahre 1517 geschah es nämlich, daß der 
Papst Leo X., der die prächtige Peterskirche in Rom erbauen 
ließ, einen allgemeinen Ablaß ausschrieb. Unter Ablaß ver¬ 
stand man ursprünglich die Erlassung von Strafen, welche die 
Kirche auf grobe Sünden gelegt hatte. Allein das unwissende 
Volk glaubte vielfach, sich Erlaß der Sünden selbst für Geld 
erkaufen zu können. Daher zahlten die Leute an die Abla߬ 
verkäufer, welche ins Land kamen, gern Geld, da sie dann 
wegen ihrer Sünden beruhigt waren. So zog jetzt ein Mönch 
Namens Tetzel in Sachsen umher und bot Ablaßzettel zum 
Verkaufe aus. Haufenweise liefen die Leute zu ihm hin und 
kauften sich Ablaß. Als er auch in die Nähe von Wittenberg 
kam, ward Luther über dieses Treiben tief entrüstet, und schlug 
am Abend vor Allerheiligen, am 31. Oktober 1517, an die 
Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze (Thesen) an, in wel¬ 
chen er sich öffentlich gegen den Ablaßhandel aussprach. Hier¬ 
mit hat das Reformationswerk begonnen. 
3. LosfagungvomPapste. — Luthers Sätze mach¬ 
ten gewaltiges Aufsehen. In wenigen Wochen waren sie durch 
ganz Deutschland in vielen Tausend Abdrücken verbreitet. 
Allerorten sprach man von dem Mönche in Wittenberg, und 
was noch aus der Sache werden möchte. Sobald der Papst 
von dieser Bewegung hörte, befahl er, Luther solle in Rom er¬ 
scheinen, um sich zu verantworten. Aber Luthers Landesherr, 
der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, bestand 
darauf, man solle den Doktor Luther in Deutsch land ver¬ 
hören. Das geschah denn auch. Der Papst schickte einen Ge¬ 
sandten; der ließ Luther vor sich nach Augsburg kommen und 
forderte ihn auf, einen Widerruf zu thun. Luther aber weigerte 
sich dessen, und da er fürchtete, man werde nun zu strengeren 
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