Full text: Römische Geschichte in kürzerer Fassung

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August war nach Sachsen geflohen; dies Land gehörte ihm auch. 
Aber auch da selbst suchte ihn Karl auf. Sein Marsch ging 
durch Schlesien. Bei Steinau ritt er, ohne die Vollendung der 
Brücke zu erwarten, durch die Oder, so stark sie auch fluthete, 
und wurde am andern Ufer von einer Menge gemeiner Leute 
umringt, die ihn flehentlich baten, sich doch ihrer gegen ihre 
katholischen Mitbürger anzunehmen. Die evangelischen Schlesier 
wurden damals, trotz der Versicherungen des Kaisers bei dem 
westphalischen Frieden, auf alle Weise von den Katholiken be¬ 
drückt. Ein alter, grauköpfiger Schuhmacher drängte sich vor 
Allen heran, faßte dem Pferde in den Zügel, und sagte: 
„Gnädigster Herr! Gott sey und bleibe mit Ihnen. Aber las¬ 
sen Sie sich doch durch unsere Thranen erweichen, und denken 
Sie nicht allein an sich selbst, sondern auch an uns arme Leute 
und an unfern unterdrückten Glauben im Lande". Der König 
sagte wohl zehnmal: „Ja! ja!" Aber der Schuster ließ ihn 
nicht eher los, bis er ihm die Hand darauf gab. Karl hielt 
auch sein Wort. Er brachte es beim Kaiser dahin, daß dieser 
der Obrigkeit Befehl gab: es sollten den Protestanten in Schle¬ 
sien alle seit dem westphalischen Frieden abgenommene Kirchen 
zurückgegeben, ihnen keine Kinder mehr geraubt werden, um sie 
katholisch zu erziehen, und den Gemeinden in Schweidnitz, 
Jauer und Glogau erlaubt seyn, bei den Gnadenkirchen mehrere 
Geistliche anzustellen; Alles Dinge, die, wie man glauben sollte, 
sich von selbst verstanden, und doch den armen Protestanten ver¬ 
weigert worden waren. 
Karl brach nun 1706 in Sachsen ein, und ließ bekannt 
machen, daß Jeder ruhig in seiner Heimath bleiben könne; Nie¬ 
mandem sollte etwas geschehen. So rückte er bis Altranstädt 
vor, einem Orte, nicht weit von Lützen. Gleich den folgenden 
Tag ritt er nach dieser Stadt, um das Schlachtfeld zu besehen, 
wo sein großer Ahnherr vor 74 Jahren so ruhmvoll gefallen 
war. Mit Rührung betrachtete er die Stelle, wo ihn der Tod 
ereilt hatte, und sprach: „Wir haben allezeit gesucht, so wie 
König Gustav Adolph zu leben; vielleicht thut uns Gott die 
Gnade, und läßt uns auch auf die Art, wie ihn, sterben." Ob 
Kin Wunsch erfüllt sey, wird die Folge lehren. — Dann wurde 
n schwedischen Soldaten vorgeschrieben, wie sie sich gegen die
	        
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