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Großen und die Sommer-Residenz des verstorbenen Königs Frie¬
drich Wilhelm IV. Gleich hinter dem Schlosse liegt eine Wind¬
mühle, welche den Nachkommen jenes Müllers gehört, der einst sich
weigerte, sie Friedrich dem Großen zu verkaufen. Von den andern
Lustschlössern, welche die Stadt Potsdam umgeben, sind besonders bemer¬
kenswert^ der von Friedrich Wilhelm IV. neu angelegte Charlottenhof,
das Marmor.Palais (spr. Paläh) und das Schloß Babelsberg,
welches der jetzt regierende König Wilhelm I. bauen ließ. Die auf einer
Insel in der Havel gelegene, sogenannte Pfaueniusel wurde von
Friedr. Wilhelm III. besonders gern besucht. — Von den Städten der
Provinz sind noch zu merken: die Festung Spandau mit einer Pulver¬
fabrik und einer Strafanstalt für schwere Verbrecher — Frankfurt
a. d. Oder, mit 31,600 Einwohnern und bedeutenden Jahrmärkten
oder Messen — die Festung Cüstrin — Brandenburg, eine alte
Stadt mit 20,200 Einwohnern — L-andsberg a. d. Warte —
Neu-Rupin — das hübsch gelegene Freienwalde — Köpnick und
Neu-Zelle, wo sich evangel. Lehrer-Seminarien befinden — Neu¬
stadt, mit Hrer Spiegelfabrik — und das gewerbthätige Luckenwalde.
Vor allen verdient aber die sehr große und schöne Stadt Berlin
hier ausführlicher beschrieben zu werden.
IS. Berlin.
Berlin, die Hauptstadt des preußischen Staates und erste
königliche Residenz,ist eine der schönsten Städte von ganz Europa.
Ihr Umfang beträgt fast 3 Meilen, ihre größte Ausdehnung von
Südost nach Nordwest etwa halb so viel. Berlin hat 300 Straßen,
42 Brücken, 22 öffentliche Plätze, 54 Kirchen (mit 93 Pre¬
digern) und außer 20,300 Mann Militair noch 434,600 Ein¬
wohner, von denen 403,600 evangelisch sind. Die Stadt ist ringsum
mit einer Mauer umgeben und hat 17 Thore, von welchen das
Brandenburger Thor sich besonders auszeichnet. Das riesige, 64 Fuß
hohe Mauerwerk, von 12 gewaltigen, 44 Fuß hohen und fast 6 Fuß
dicken Säulen getragen, ist 195 Fuß breit und hat fünf Durchgänge,
deren breitester, mittlerer nur für königliche Wagen offen ist. Über
dem Hauptthor steht aus einem hohen Mauerwerk das aus Kupfer gefer¬
tigte berühmte Viergespann der Siegesgöttin (Viktoria) mit
ihrem Triumphwagen. Vier starke, 12 Fuß hohe Rosse ziehen
im wilden Laufe einen zweiräderigen Wagen, auf welchem die Sieges¬
göttin steht mit der Palme und dem lorbeerumwundenen eisernen
Kreuze in der Hand, über dem der preußische Adler schwebt.
Napoleon führte 1806 dieses Kunstwerk nach Paris, von wo es die
siegreichen Preußen 1814 zurückholten.
Von den Straßen Berlins ist die großartigste die vom Branden¬
burger Thore ausgehende, mit einer vierfachen Baumreihe von Linden
und Kastanien bepflanzte Straße „unter den Linden", der Haupt¬
spaziergang innerhalb der Stadt. Sie führt in ihrer Verlängerung