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Warnig.
1. Es tripplet und schnüüflet im Ehester die Muus
Um d'Falle und hätti de Speck so gern druus:
Und schlüüft si denn ihne, und frißt en — o weh!
So isch si verlohre und gümplet nie meh!
Flieh, flieh!
Flieh, flieh!
Wenn de Lockvogel pfyft!
2. De Fischer setzt Aengel mit Würmlene dra,
Das Fischli umschwänzlet's, und lechzet dernah:
Es schnappet und schnappet, und hät's es — o weh!
So isch es denn gefangen und schwänzlet nie meh!
Flieh, flieh u. s. w.
3. Der Vogler steckt Rüetli mit Beerene dra,
Das Finkli umflattert's, und möcht si gern ha:
Und chunnt es denn nächer, und frißt's es — o weh!
So isch es au gfange, und singt es nie meh!
Flieh, flieh u. s. w.
4. Du hüpsist dur's Labe so munter und froh,
Es lockt dir, es pfyft dir, bald hie und bald do:
Laß locke, laß pfyfe, wenn's scho niemert wehrt,
Und denk, was di's Fischli und's Vögeli lehrt:
Flieh, flieh!
Flieh, flieh!
Wenn de Lockvogel pfyft!
4. Johann Konrad Grübet,
Flaschnermeister in Nürnberg, geb. 1736, gest. 1809, gehört zu den Dialekt-
dichtern in der Zeit vor Hebel. Seine Gedichte sind meist kleine Erzählungen ko¬
mischer Geschichten oder Schilderungen des Lebens in den Bürgerkreisen seiner
Vaterstadt. Gesunder Witz, lebendige Anschaulichkeit und Frische ist diesen Liedern
eigen.
Der Schlosser und sein Gesell.
A Schlosser haut an G'sell'n g'hat,
Der haut su langsam g'feilt,
Und wenn er z'Mittog geff’n haut,
Dau ober haut er g'eilt.
Der eiherst in der Schüssel drin,
Der letzt' ah wieder draus,
Es iß kah Mensch su fleißi g'west
Ban (beim) Tisch in ganz'n Haus.
Öiz (jetzt) haut amaul der Master g'sagt:
G'sell! dös verstech ih uiht,
Es iß doch su mei Lebta gewest,
Und weil (so lange als) ih denk die Ried (Rede):
Su wöi mer ärbet, ißt mer ah;
Bei dir geiht's niht asu (also),
Su longsam haut noh kahner g'feilt
Und ißt su g'schwind wöi du.
Ja! sagt der G'sell, dös waß ih scho,
taut all's sein gout'n Grund;
es Ess'n würd halt goar niht lang,
Die Aerbet verzih Stund.
Wenn ahner möist (müßte) un ganz'n Tog
In an Stück ess'n fort,
Thät's af die Letzt su lonsam geih,
Als wöi ban Feil'n dort.
5. Auch Goethe hat im Dialekt gedichtet. Wir merken von ihm folgendes kleine,
liebliche Lied.
Schweizerlied.
1. Uf'm Bergli
Bin i gesässe,
Ha de Vögle
Zugeschaut;
Häut gesunge,
Hänt gesprunge,
Hänts Nästli
Gebaut.
2. In ä Garte
Bin i gestände,
Ha de Jmbli
Zugeschaut;
Hänt gebrummet,
Hänt gesummet,
Hänt Zelli
Gebaut.
3. Uf d'Wiese
Bin i gange,
Lugt' i Summer-
vögle a;
Hänt gesoge,
Hänt gefloge,
Gar z' schön hänt's
Gethan.
4. Und da kummt nu
Der Hansel,
Und da zeig i
Em froh,
Wie sie's machen,
Und mer lachen
Und machen's
Au so.