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Trotz aller Lebendigkeit und Beweglichkeit des Volkes ist doch eine große Anlage 
zur langweiligsten Einerleiheit vorhanden, zu einem Chinesenthum, das bei dem 
ersten Anblicke bunt genug erscheint, aber endlich in seiner gleichmäßig ausgeprägten 
Form durch die fürchterlichste Einförmigkeit ermüdet und todt macht. Bei allem 
Drange nach Freiheit ist der Franzose ein Sklave der Form, der Mode, der Mei¬ 
nung, des Scheins. 
96. Französische Fand schäften. 
Frankreich wird jetzt in 86 Departements eingetheilt; wir folgen der älteren 
Eintheilung. In Isle de France vereinigen sich Seine und Marne. Hier im 
Departement der Seine liegt Paris, die Hauptstadt des Landes. - 
Merkwürdige Orte in der nächsten Umgebung der Stadt sind: Im Norden: 
St. Denis mit einer uralten Abtei, dem Schutzpatron Frankreichs, Denis (Diony¬ 
sius), geweiht, der zuerst das Evangelium geprediget haben soll. Hier ward im 
Mittelalter die Reichsfahne, Oriflamme, bewahrt, hier ist die Gruft der Herrscher 
Frankreichs. Im Südosten von Paris liegt das feste Schloß Vincennes; im Westen 
das königliche Schloß St. Cloud; die' Seine herab Neuilly, das auch oft von 
Louis Philippe bewohnt wurde. Zwischen beiden befindet sich das Dorf Boulogne 
mit schönem Gehölz. 
Entfernter von Paris, noch nicht 2M. nach SW., liegt Versailles, erst von 
Ludwig xiv. aus einem Dorfe zur glänzenden Residenzstadt gemacht, die es bis 
1789 blieb. Zn dem prachtvollen Schlosse ist jetzt eine Gemäldegallerie. Großer Park. 
40.000 E. Ringsum noch viele Lustschlösser. Im N. an der Seine St. Germain, 
Friede 1679, zwischen Ludwig XIV. und dem großen Kurfürsten. An der Seine, 
8 Meilen oberhalb Paris, Fontainebleau, auch mit prachtvollem Schloß und 
Forst; in der Geschichte oft genannt. Schloß und Stadt Compiègne liegen an 
der Oise im N. 
Zn den Landschaften am Canal liegt zunächst französisch Flandern und 
Hennegau, im Schelde- und Maasgebiet, voll von Festungen, die ja überall 
Frankreich umgürten. Die größte und stärkste ist Lille, deutsch.Ryssel, hat78,000 E. 
Artois ist ein Stück der Niederlande und hat die starke Festung Arras mit 
25.000 E. Calais, an der hier 4 M. breiten Meerenge. Zur Herbstzeit landen 
jährlich gegen 20,000 Engländer, welche die Reise auf deni Continent machen wol¬ 
len; die Stadt hat englischen Charakter. Im S. davon Boulogne, 32,000 C., 
von wo man gewöhnlich nach England überfährt. — Artois und Flandern sind 
gewerbsame Provinzen und haben treffliche Fabriken in Spitzen, Leinwand, 
Battist u. s. w. 
Die Hauptstadt der Picardie istAmiens, 57,000 E., mit schönem Dom. 
Die "Normandie ist genannt von den Normannen, die unter Rollo hier län¬ 
deren. Die Hauptstadt Rouen (Departement der niedern Seine)am rechten Seine¬ 
ufer ist häßlich. Sie ist bedeutende Handelsstadt mit 103,000 C. 9 M. davon, 
an der eigentlichen Seinemündung, der große Handels- und Kriegshafen Havre de 
Gra ce oder blos Havre, 64,000 E., besonders lebhafter Verkehr mit Nord-Amerika 
Noch wichtiger und fester ist der Kriegshafen Cherbourg, auf der in den Canal vor¬ 
springenden Halbinsel Cotentin, an den Napoleon 18 Millionen Thaler gewandt. 
Dieppe, nordöstlich von der Seinemündung, ist auch eine lebhafte Hafenstadt. 
Seebäder. Unter den Binnenorten ist nach Rouen der größte das schöne Caen, 
41.000 E. Zn dem Südostzipfel der Normandie, in wüster, rauher Gegend liegt 
das Kloster la Trappe, das Stammkloster des strengsten Mönchoroens, der 
Trap Pisten. 
Zn den Landschaften am atlantischen Ocean liegt zunächst die Bretagne, von 
aus Britannien vor Angeln und Sachsen hieher geflüchteten Briten benannt. Haupt¬ 
stadt ist Nantes, 6 M. von der See am rechten Ufer der Loire, gut gebaut, 
108.000 E., bedeutende Handelsstadt. — Im N. der Bretagne liegt der feste Hafen 
St. Malo, im äußersten W. Brest, der wichtigste Kriegshafen am atlantischen 
Meere, 54,000 E. 
Poitou hat zur Hauptstadt Poitiers, eine alte Stadt von 25,000 E., auf 
eineni Berge. Die Ebene ringsum ist ein Schlachtenfeld. Carl Märtel und die Araber 
732. Sieg der Engländer 1356. An der See liegen die befestigten Seestädte la 
Roch eile (in den Religionskriegen eine Hauptfestung der Protestanten oder 
Hugenotten) und Rochefort. — Die Gegend zwischen la Rochelle uud Nantes istNo full text available for this image
	        
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