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Ta sie sich aber wie eine Lanzette nach und nach zuspitzen, so sagt
man, daß sie eine lineal-lanzettliche Gestalt haben.
Die Blüthen, welche im April und Mai erscheinen, stehen
einzeln an der Spitze des Schafts und sind groß. Die Blüthen-
hülle ist glockenförmig, 6 blätterig, gelb, weiß, rosenroth, braunroth
und aus allen diesen Farben gemischt, öfters auch gefüllt. Innerhalb
derselben stehen 6 Staubgefäße mit langen, meist schwarzen Staub¬
kolben. Der Fruchtknoten liegt in der Verlängerung des Schaftes, ist
dreikantig und trägt oben eine aus drei Theilen bestehende Narbe.
Der Griffel fehlt, die Narbe ist also sitzend. Die Frucht ist eine
3klappige, 3 fächerige Kapsel, welche zahlreiche Samen enthält. Die
Tulpe wird aber gewöhnlich nicht durch Samen fortgepflanzt, sondern
vermittels Brutzwiebeln, welche seitwärts aus dem Zwiebelkuchen hervor¬
kommen; die aus Samen gezogenen blühen erst nach einigen Jahren.
Die Tulpe ist geruchlos und erfreut uns nur durch ihre schöne
Farbe. Sie ist eine Zierpflanze. In der Mitte des 16. Jahrhunderts
ist sie aus Asien zu uns gekommen. Früher war in Holland der
Handel mit Blumenzwiebeln sehr wichtig. In Haarlem giebt es noch
Leute, die sich einzig und allein mit diesem Handel beschäftigen. Noch
in neuerer Zeit sollen für einzelne Tulpenzwiebeln in Holland
25 — 150 Gulden gezahlt worden sein.
Die Tulpe, die Lilien, Hyazinthen, Zwiebelarten, der Spargel,
die Maiblume und andere gehören zu der Familie der Liliengewächse.
Nach I. Haug. .
1. Wann nennt man die Blätter linealisch? lanzettlich? lineal-lanzettlich?
2. Wann nennt man die Narbe, die Blätter sitzend?
60, Die weihe Taubnessel.
Die Taubnessel Haff wie die Schlüsselblume, das Veilchen und andere cinen
unterirdischen Wurzelftock, ist also eine ausdauernde Pflanze. Den Namen Taub-
nesiel führt sie zum Unterschiede von der Brennnessebund den Beinamen „weiß",
um sie von ihren Schwestern, der rothen, gefleckten und stengelumfassenden
zu unterscheiden. Sie heißt auch weißer Vienensaug, weil ihre Blüthe
häufig von Bienen besucht wird. Sie wächst am liebsten an Hecken, Gräben
und Schutthaufen und blüht vom April bis gegen den Herbst.
Der Stengel steht unten wagerecht und steigt sodann gerade in die Höhe.
Man nennt solche Stengel aufsteigend. Er ist krautig, knotig, vierkantig, hohl
und mit kurzen Haaren besetzt. Die Blätter stehen zu 2 an jedem Knoten an
entgegengesetzten Seiten des Stengels; sie sind gegenständig. Das folgende
Blätierpaar bildet mit dem vorhergehenden ein Kreuz. Solcher Blätterstand
heißt gekreuzt. Die Blätter sind gestielt, herzförmig, oben und unten fein
behaart. Der gesägte Rand zeigt abwechselnd große und kleine Sägezähne; er
ist ungleich gesägt.
Von den Blüthen stehen jedesmal 6 bis 12 in den Blattwinkeln beisammen.
Sie bilden gemeinschaftlich einen Schein-Quirl. Sie würden einen eigentlichen
Quirl bilden, wenn sie sitzend wären und nicht jedes Blüthchen ein eigenes,
k.eines Stielchen hätte. Der Kelch der einzelnen Blüthe ist einblätterig, 5 zahnig
und glockenförmig. Sie hat oben die Gestalt eines geöffneten Rachens, daher
nennt man sie eine Rachenblüthe. Die obere Hälfte heißt Oberlippe und