Full text: Der sächsische Kinderfreund

das Volk durch Anlegung von Schulen zu bilden, und er sah ganz 
richtig voraus, daß ein verständiges Volk nicht nur besser und gesitteter, 
sondern auch thätiger und gehorsamer gegen den Fürsten werden müsse. 
In allen Klöstern wurden daher Schulen angelegt; seine eigenen Kinder 
mußten fleißig in der Schule lernen, und er besuchte die Schulen oft. 
Einst trat er auch hinein, hörte den Unterricht eine Zeit lang mit an 
und ließ sich die Arbeiten der Kinder zeigen. Da fand er, daß die 
armen Kinder fleißig, die reichen dagegen faul waren. Sogleich ließ 
er die armen und fleißigen Schüler zu seiner Rechten treten und sprach: 
„Ich freue mich, meine lieben Kinder, daß ihr fo gut einschlagt. Der 
allmächtige Gott wolle euren Verstand und eure Geschicklichkeit segnen 
und vermehren! Fahrt also fort, wie ihr angefangen habt, seidfronim 
und fleißig und werdet immer vollkommener, dann will ich euch zu 
seiner Zeit mit hohen Würden und Ehrenstellen belohnen; Bischöfe, 
kaiserliche Kanzler und Räthe will ich aus euch machen, und ihr sollt 
die Ehre haben, zu meiner Rechten zu sitzen. Land und Leute sollt ihr 
regieren, meine Vögte, Richter und Amtleute sollt ihr sein, Gut und 
Geld will ich euch schenken und euch vor allen Andern lieb und werth 
haben." Darauf stellte er die reichen und faulen Schüler zu seiner 
Linken und sprach zornig also: „Ihr feinen Püppchen, die ihr euch so 
reich und vornehm dünkt, des Wissens nicht nöthig zu haben meint und 
Leichtfertigkeit, Müssiggang und andere Laster den Wissenschaften und 
Tugenden vorzieht, ihr habt nichts Gutes zu hoffen; keinen Vortheil, 
keine Ehrenstellen sollt ihr von eurem Kaiser erhalten, dessen Befehl 
und Willen ihr verachtet habt, und diese Armen und Geringen sollen 
euch vorgezogen werden, wofern ihr nicht in euch geht und eure Faul¬ 
heit durch Fleiß wieder gut macht." Auch auf das Singen in den 
Schulen hielt er viel, damit der Kirchengesang verbessert werden 
möchte; denn damals konnte die Gemeinde in der Kirche nicht mit 
singen, weil sie es in der Schule nicht gelernt hatte, sondern die Geist¬ 
lichen sangen auf dem Chore allein. Damit es nun mit dem Kirchen- 
gesange immer besser werde, ließ Karl gute Sänger sogar aus Italien 
kommen, welche den Franken Unterricht im Singen ertheilen mußten. 
So sorgte der große König für Schule und Kirche. 
Wie er das Wohl seines großes Reiches stets vor Augen hatte, 
so sorgte er auch für seine Familie. Er selbst lebte einfach; er speiste 
mit seinen Kindern an einem und demselben Tische; er ließ seine Söhne 
und Töchter nicht durch großen Putz eitel werden, wie er denn ge¬ 
wöhnlich selbst einen Schafpelz trug; er bekümmerte sich darum, wie 
viel Obstbäume man jährlich auf seinen Gütern angepflanzt hatte; er¬ 
sah daraus, daß seine Töchter fleißig weben und spinnen mußten. 
Kurz, er zeigte sich als einen guten Hausvater. Als er im späten Alter
	        
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