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für unsere Schuld am Kreuze gestorben. Er rät Parzival, auf der
Spur, die er getreten finde, nach der nahen Wohnung eines heiligen
Mannes zu reiten, zu dem er selbst heute, wie jeden Karfreitag,
eine Gottesfahrt getan. Die Töchter meinen, den jungen Ritter
müsse im eisernen Harnisch frieren; besser würde er zu den Zelten
ihres Vaters gewiesen. Parzival aber scheidet von ihnen; sein
Herz ist bewegt, er denkt wieder an seinen allmächtigen Schöpfer;
dem Rosse läßt er die Zügel hängen: „Ist heute Gottes Hilfetag,
so helf' er und weise den rechten Weg!“
Das Roß geht wirklich der Höhle zu, wo Trevrezent sich
zum Himmel bereitet. Am Feuer des Einsiedlers erwarmt Par—
zival. Er lernt in Trevrezent seinen Oheim kennen, erfährt von
ihm die Wunder des Grals und die Geschichten von Titurels Ge—
schlecht; auch den Tod seiner Mutter vernimmt er und wie er
selbst der Drache war, den sie genährt. Fünfzehn Tage verweilt
er und empfängt des Oheims heilige Lehren. Kräuter und Wurzeln,
aus dem Schnee gegraben, sind ihre magere Speise und doch ward
Parzival nie so köstlich bewirtet; an der Seele genesen, mit neuem
Vertrauen auf Gott, verläßt er die Höhle.
8.
Fünf Jahre schon ist Parzival nach dem Gral umhergestreift.
Wieder sitzt er am Tische des Königs Artus und abermals kommt
Kundrie angeritten in schwarzem Mantel mit goldenen Tauben,
dem Wappen des Grals. Noch unerkannt, fälll sie zu Parzivals
Füßen und fleht weinend um seine Huld. Dann wirft sie ihren
Schleier von sich und verkündet die freudige Botschaft, daß Par—
zival durch die Schrift am Gral zu dessen Herrn berufen. Segens—
reich preist sie den Stand der Gestirne. Freudetränen fließen
aus Parzivals Augen; er macht sich mit Kundrie auf den Weg nach
Montsalvatsch. Eine Schar von Templern, die ihnen im Wald
begegnet, springt von den Rossen und empfängt mit abgebundenen
Helmen den neuen König. Ein Segen deucht ihnen sein Gruß.
Es ist eben die Zeit, da des Amfortas Schmerzen sich erneuen.
Duftende Würzen sind umhergestreut; das Aloefeuer brennt;
mit den edelsten Steinen von heilender Kraft ist das Bett besät;
doch nichts lindert die Qual. Da erscheint Parzival; ihn fleht