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Leben. Überall fing man an, Häuser zu bauen und hier und da einen
Haufen derselben mit einer Mauer und mit einem Wassergraben zu
umziehen. Solch eine ummauerte Stätte nannte man Stadt oder
Burg und ihre Bewohner Bürger. Aber die Städte waren noch
leichter zu bauen, als Bewohner dafür zu finden; denn die Deutschen
liebten das Wohnen auf dem Lande und sagten: „Sollen wir uns
lebendig begraben lassen? Deine Städte sind nichts anders, als Grä¬
ber." Da befahl Heinrich, die Leute sollten loosen, und je einer aus
neunen, den das Loos treffe, sollte vom Lande in die Stadt ziehen.
Damit sie das aber um so lieber thun möchten, gab er den Städten
viele Vorrechte, so daß die Bürger hinter ihren Mauern nach und
nach viel freier wurden, als die Bauern, welche damals ihren Edelleuten
oder Klöstern als Leibeigne dienen mußten. Nun fing auch in den
Städten einer an, und machte für alle die Kleider; ein anderer für alle
die Schuhe; ein dritter baute Häuser für die andern; — natürlich aber
das alles nicht umsonst! Mit einem Worte: es' entstanden die ver¬
schiedenen Handwerker. Bis dahin hatte nämlich jeder sein eigener
Schneider, Schuster, Maurer, also alles Mögliche selbst sein müssen.
Und das ging gerade nicht sehr gut. In den Städten ging's nun
natürlich besser. Und doch merkten es die Städter noch immer nicht,
daß sie es besser hatten. Als aber nach neun Jahren die Ungarn
wieder kamen, und die Bauern nun mit ihrem Vieh und ihren sonstigen
Habseligkeiten in die ummauerten Städte flüchten konnten, wohin die
Ungarn nicht einzudringen vermochten, und als Heinrich mit Gottes
Hülfe diese Räuber bei Merseburg dermaßen besiegte, daß sie, so
lange er lebte, nicht wieder kamen: da jubelten Alle dem Städtebauer
zu und Jeder freute sich seines Königs. — Schon vorher hatte Hein¬
rich auch die Wenden zur Ruhe gebracht. Mitten im Winter nahte
er sich ihrer Hauptstadt Brennabor (jetzt Brandenburg). Sie zagten
jedoch nicht, sondern dachten: Laß ihn nur kommen; durch die weiten
Sümpfe um unsere Stadt kann er gewiß nicht hindurch dringen. Er
kam aber dennoch, zwar nicht durch aber über die Sümpfe her. Gott
schickte einen harten Frost, und Heinrich marschirte auf dem Eise gegen
die feindliche Stadt und eroberte sie. Die Wenden waren besiegt. —
König Heinrich starb 936. /
8. Heinrich TV. und Gregor TU.
(1056-1105.)
Heinrich IV. war erst 6 Jahre alt, als sein Vater 1056 starb.
Er war ein Knabe von großen Anlagen, aber er erhielt eine schlechte
Erziehung. Seine treffliche Mutter hätte ihm eine gute Erziehung
gegeben; allein mehrere deutsche Fürsten, die um des Reiches Wohl¬
fahrt weit weniger besorgt waren, als um ihren persönlichen Vor¬
theil, suchten ihr das Kind zu entreißen, damit sie dann in seinem
Besitze Herren der Krone wären. Unter ihnen war der Erzbischof
Hanno von Köln, ein schlauer, hartherziger Mann, dem, seine