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damalige Papst Anastasius dem Könige der Franken den
Titel eines „allerchristlichsten Königs," welchen die fran¬
zösischen Könige bis in die neueste Zeit geführt haben.
12. Schicksale der morgenländischen Kirche.
Muhammed.
Während im Abendlande die Völkerwanderung große
Umwälzungen hervorrief, war die Kirche im Morgenlande
mehr in Ruhe geblieben. Jetzt erhob sich aus der Wüste
Arabiens ein schreckliches Ungewitter, welches das Christen¬
thum in jenen Ländern zerschlagen sollte. Der Anstifter
solchen Unheils war Muhammed, geboren -69 n. CH.
zu Mekka in Arabien. Sein Vater war ein Götzendiener,
seine Mutter eine Jüdin. Große Anlagen des Geistes,
feurige Beredtsamkeit, körperliche Schönheit zeichneten ihn
aus. Anfangs machte er als Kaufmann Reisen, bald zog
er sich in ein beschauliches Leben zurück, und gab sich
schwärmerischen Träumereien hin. Hier ersann er ein
neues Religionssystem, ein Gemisch von jüdischen, christ¬
lichen und persischen Lehren. Der Hauptsatz der neuen
Lehre war: „Es ist nur Ein Gott und Muhammed sein
Prophet."
Auch lehrte er eine Auferstehung der Todten, Gericht,
Hölle und Paradies. Letzteres aber ist nach seiner Auf¬
fassung ein Ort sinnlicher Lüste und ausschweifender Freuden.
Muhammed fand in seiner Vaterstadt Mekka keinen Glau¬
ben, mußte vielmehr nach Medina entfliehen.*) Hier
wurde er von den Einwohnern zunächst aus Haß gegen.
Mekka aufgenommen, gewann ein kleines Heer, welches
in kurzer Zeit durch neue Anhänger sich vermehrte. Die
religiöse Schwärmerei verlieh diesen Schaaren große Tapfer¬
keit. Schnell ward Arabien durchzogen; viele Stämme fielen
freiwillig bei, andere wurden mit den Waffen bezwun¬
gen. Da starb Muhammed im Jahre 632 an den Folgen
eines ihm beigebrachten Giftes. Abu-Bekr, Muhammeds
Nachfolger, sammelte die Aussprüche und Offenbarungen
des arabischen Propheten in einem Buche. Dies Buch
heißt Koran; die Religion wird Islam, und die
*) Das Jahr der Flucht (Hedschra) 622 n. Ch. ist der Anfang der
türkischen Zeitrechnung.