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jüngerer Sohn des Grafen Robert von Lciccstcr, Algernon Sid-
My. Aus dessen Nachlaß wurden 1698 eliseourse» concerning go-
vcrnmcnt gcdrukt'). Man hatte das Manuskript bei seiner Ver¬
haftung im I. 1683 auf seinem Arbeitstische ligcnd gefunden. Er
erklärte, es schon lange verfaßt und nach langem Zwischenräume nur
einmal wider durchgclesen und durchcorrigirt zu haben; allein man
glaubte, er habe die Absicht gehabt, damals davon Gebrauch zu ma¬
chen, und dieser Schrift wegen war er vorncmlich hingerichtet worden.
Algernon Sidney wendet sich vorncmlich gegen die Consequenzen des
leidenden Gehorsams, welchen Hobbcs und die Episkopalkirche "), obwol
aus zum Teil sehr verschidcncn Gründen, zur Pflicht machten. Um
dies zu können, hält er cs für nötig, allen patriarchalischen Zustän¬
den das Prädicat von Statszuständen (was ihnen Filmer ganz richtig
erteilt hatte) zu entziehen. Adam z. B. und Abraham seien keine
Fürsten gewesen, sondern nur Hausväter. Der Stat begint auch
für Algernon Sidney (dessen Leidenschaft gegen Filmer zuweilen lächer¬
lich heftig ist) erst mit einem Vertrage"'), über welche Voraussetzung
(so unsinnig sie ist) derjenige nie hinauskommen kan, der auch im
Rechte überhaupt eine nur durch Vertrag geschaffene oder wenigstens
bestimte Substanz siht. Wenn man, wie Algernon tut, erklärt, es
habe nie eine höhere Gewalt unter Menschen gegeben, als die durch
Vertrag oder Gewalt gegründete, und der leztcren überdies alle Recht-
mäßigkeit abspricht, bleibt freilich nur der Vertrag als Ursprung der
menschlichen Gemeinwesen übrig.
Alles was Algernon Sidney gegen den patriarchalischen Ursprung
des States aus der Familie sagt, ist Sophisterei-j-); daß aber patri¬
archalische Skaten zu Grunde gehen und in andere Formen des Ge-
•) Leider ist mir nur eine französische Uebersehung in 3 voll. 12o par P. A. Sam¬
son zur Hand: à la Have 1702. Nach dieser elrire ich.
•*) ¿tic Grundsäpc der lezteren wurden besonders von Sir Rodert Filmer vertre¬
ten, dessen Merkchen: Patriarch a das Streben nach Freiheit als Sünde, und den
Sündcnfal als die erste Revolution darstclt. Dis zu dem Unsinne, die Schöpfung
der Welt als die erste Revolution hinzustellen und Adam also nur alS sich auflcnend
gegen Ñonseguenzen eines revolutionären Zustandes, war man damals also noch nicht
gekommen; das solté unseren Zeiten und den höllischen Jahrbüchern vorbehalten bleiben.
vol. I. chap. I. sect. 10. „La liberté de Tun empíche celle de l'autre;
et aussi longtemps qu'il seront tous égaux, personne ne voudra ce'dcr h qui
que ce soif, sinon d’un consentement general. C’est là le fondement de tous
les gouvememens justes et équitables, de quelque nature qu’ils soient; car la
violence ou la fraude ne peuvent établir aucun droit légitime.“
-k) Dahin gehört namentlich die Auöfürung in der 12ten Section: ce pretenda
droit paternel est divisible ou indivisible: s’il est divisible, il est éteint; s’il
est indivisible, il est universel — denn daraus, daß eine Gewalt vom Vater an
alle Söhne übergehen kan (das ist die divisibilité) folgt keincswegcS, daß sic immer
an alle habe übergeben müßen; und zwischen den Hörnern deS algernonfchen Schlußes
Ugen noch tausend historische Möglichkeiten. Dei dem Kampfe gegen die notwendige
Verbindung der Srdlicdkcit mit der höchsten Gewalt, welche feine Gegner behauptet
hatten, spilt Algernon den ganz ordinären vasuisten.