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Schlange, die ihn also anredete: „Guter Wanderer, er¬
barme dich meiner in dieser drückenden Gefangenschaft. Ich
werde des Hungertodes sterben, wenn du den schweren
Stein nicht fortwälzest. Schon viele Tage habe ich durch
diese Ritzen gelauscht, ob Nicht irgend ein barmherziges
Wesen herzukäme und mich erlösete. Sei du der Bote
meiner Freiheit und der Retter meines Lebens; ich will
dir eben so treu lohnen, wie ihr Menschen die größten
Wohlthaten zu belohnen pfleget." Der gutherzige Bauer,
welcher die schmerzliche und trostlose Lage der Schlange
so lebendig fühlte, als wenn er selbst unter dem Felsen
eingekerkert wäre wurde durch die Bitten und das ge¬
heimnißvolle Versprechen der goldig glänzenden Schlange
so sehr bewegt, daß er alle Furcht vor dem gefährlichen
Thiere verlor und den Stein sogleich von der Oeffnung
entfernte. Aber kaum war die Schlange in Freiheit ge¬
setzt, da bäumte sie sich schrecklich empor und öffnete den
hungrigen Rachen, um den Bauer zu verschlingen. „Holla!"
rief der Bauer, indem er dem zischenden Ungeheuer nach
der Seite auswich; „ist das der Lohn für die größte
Wohlthat, welche dir erwiesen werden konnte?" „Aller¬
dings," erwiderte die Schlange, „denn Undank ist der Welt
Lohn, und ich versprach dir, daß ich dir so lohnen würde,
wie die Welt es zu thun pflege." „Das ist freilich wol
wahr," entgegnete der Bauer; „auch ich habe oft Undank
für meine redlichsten Bemühungen eingeärntet; aber ich
habe doch noch niemals gehört, daß Jemand den Retter
seines Lebens zur Entgeltung getödtet habe." Solche
feine Unterscheidungen," antwortete die Schlange, „kann
ich nicht annehmen; Wohlthat ist Wohlthat, und der Welt
Dank ist Undank; ich habe lange genug Hunger gelitten.
Was hilft mir die Freiheit, wenn ich mich der süßesten
Speise enthalten soll, und nickt emmal meinen Hunger
stillen darf?" „All mein Vieh steht dir zu Gebote," fiel
rasch der Bauer ein; „gehe mit mir, und du kannst dir
nehmen, wozu du Lust hast."
In diesem Augenblicke sprang ein Fuchs herbei, welcher
die letzten Worte des Bauers gehört hatte. „Laß dich nicht
erweichen, edle Schlange," rief er hastig; ich sehe, ihr
habt Streit, und ich weiß im voraus, daß der Mensch
Unrecht hat." „Gewiß!" sagte die Schlange; „sei du un-