Full text: Volume (Oberkl. = 5. Schulj)

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3. Der Hund im Zustande der Tollheit. 
Der Anfang der Toll- oder Hundswuth zeigt sich bei dem 
Hunde durch eine gewisse Niedergeschlagenheit. Er sucht die 
Einsamkeit, flieht Speisen und Getränke, brummt oder knurrt 
statt zu bellen, läßt Ohren und Schwanz hängen und scheint in 
einem Taumel zu sein, der seine Schritte ungewiß macht. 
Fremde Personen fällt er tückisch an; gegen seinen Herrn be¬ 
hält er noch immer eine gewisse Achtung und Liebe; noch ist 
sein Biß nicht tödtlich; aber die Wunde ist doch schwerer zu 
heilen, als eine andere. Nimmt die Wuth zu, so fängt der 
Hund zu keuchen an, streckt die Zunge heraus, schäumt und flieht 
das Wasser. Bald taumelt er, als ob er im Schlafe wäre; 
bald macht er einen Sprung und weicht dabei immer vom ge¬ 
raden Wege ab. Seine Augen sind trübe und thränend, die 
Zunge ist bleifarbig. Jetzt ist er auch gegen seinen Herrn ge¬ 
fährlich. Zusehends wird er magerer, und die Wuth steigt, so 
wie er seinem Tode, der nun kaum 24 Stunden noch entfernt 
ist, zugeht. Diese Zeichen gehen besonders der den Haushun¬ 
den eigenen laufenden Wuth voran, doch verräth sich diese nicht 
immer durch alle diese Zeichen. Weniger sichtbar sind die der 
fahrenden Wuth, die häufiger bei dem Jagdhunde vorkommt. 
Weder ein Schaum vor dem Rachen, noch ein gesenkter Schwanz 
verrathen sie, und Scheu vor dem Wasser bleibt zuweilen so 
ganz aus, daß der wüthende Hund freiwillig schwimmt. Bei 
beiden Arten von Wuth ist aber der Biß gleich gefährlich, er 
hat die fürchterlichsten Folgen und fordert die schnellste Hilfe, 
wenn der unglücklich Verwundete nicht eben durch dieselben Stu¬ 
fen der Wuth hindurchgehen will. 
Wird die Hilfe schnell geschafft, so wird die Krankheit höchst 
selten gefährlich. Der geringste Biß, der auch nur die Haut 
leicht ritzte, ohne daß Blut floß, die Berührung des Speichels, 
ja selbst der begeiferten Werkzeuge womit der wüthende Hund 
erschlagen wurde, kann die traurigsten Folgen haben. Ja, oft 
sollen sich die Folgen auch erst lange nach dem Bisse, z. B. bei 
sehr großer Hitze oder bei Ausbruch heftiger Leidenschaften 
zeigen. Die erste Erscheinung bei einem Gebissenen ist Schmerz 
an der verwundeten Stelle, die bald schwillt. Der Schmerz 
verbreitet sich immer weiter; Trägheit, unterbrochener Schlaf, 
unwillkürliche Seufzer und Traurigkeit folgen. Die Zufälle 
werden immer fürchterlicher. Qualvolle Herzensangst, gepreßter, 
von Seufzern unterbrochener Athem, und endlich die kalten 
schauer, die ihn beim Anblicke des Wassers und glänzender
	        
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