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— „Verwünschesagte eine Stimme, „deinen Unmulh,
nicht die Quelle. Des Salzes Born ist dieses Landes Segen.“
(Krummacher.)
104. Die Salzwerke von Wieliezka.
In her Nahe von Krakau liegt ein kleines Städtchen mit Na¬
men Wieliezka (spr. Wjälitschka), unter und bei welchem sich daS
berühmte Salzwerk befindet. Es tvird bergwerksmäßig bearbeitet.
Das Salz wird in großen Stükken losgesprengt und so herausge¬
schafft. Schon seit der Mitte des 13. Jahrhunderts ward es be¬
nutzt, und es hat demnach eine unbeschreibliche Menge Salz gelie¬
fert, ohne daff dasselbe merklich erschöpft wäre. Durch acht Ein¬
gänge, deren sechs im freien Felde und zwei in der Stadt gelegen
sind, gelangt man zu den unterirdischen Salz-Behältern. Die bei¬
den letzter» Eingänge dienen meist zum Hinablassen der Arbeiter
und zum Herausschaffen des Salzes, da hingegen die außerhalb der
Stadt gelegenen zum Einbringen der Bedürfnisse der Bergleute ge¬
braucht werden. Wenn man sich hinablasst, so gelangt man zuerst
an einen finstern Platz, dessen Entfernung von der Einfahrt 600
Fuß beträgt. Von hier aus führen verschiedene Gänge zu einer
Treppe von 325 theils hölzernen, theils aus Salzstein bestehenden
Stufen. Nachdem man auch diese zurükkgelegt hat, stößt man
abermals auf verschiedene Gänge, die zum eigentlichen Salzwerke
führen. Aber wie erstaunt man beim Eintritt in diesen wundervol¬
len Bau! Man findet sich auf ein Mal in einer neuen Welt, deren
Glanz und Prachtschimmer Alles weit hinter sich lässt, was die höchste
Phantasie (Einbildungskraft) nur erdenken kann. Wendet man sein
Auge nach dem Boden, auf dem man steht, so erblikkt man eine
weite, unübersehbare und volkreiche Ebene mit Hausern und Heer¬
straßen, auf welchen sich Fuhrwerk an Fuhrwerk drängt. Alles
wimmelt von Menschen, und man befindet sich in einem eignen un¬
terirdischen Staate. Blikkt man über sich, so sieht man ein hohes
Gewölbe, das auf Säulen von Salzstein ruht und dessen Dekke
ebenfalls Salzstein ist, welcher von ferne dem reinsten Krystall gleicht.
Da überall zum gemeinschaftlichen Gebrauch eine Menge Lichter
brennen, deren Glanz wie von unzahlbaren Spiegeln zurükkgeworfen
wird, so gewahrt dieses Schauspiel einen so imposanten Anblikk, dass
man davon auf der obern Welt keine Vorstellung hat. Die Strah¬
lenbrechung und das Farbenspiel des Salzgesteines verursachen an
vielen Stellen eine wunderseltsame Täuschung; man glaubt sich un¬
ter ganzen Massen von Rubinen, Smaragden, Amethysten und
Wander, Jugendfreund. 10