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S63. Der Häring.
Der Häring, dieser so allgemein bekannte und häufig zur Nah¬
rung des Menschen dienende Fisch, halt sich in der Ost- und Nord¬
see und überhaupt in dem atlantischen Meer auf, wo er von Was¬
serinsekten und Seegewürm, Fischbrut, besonders aber von einer
kleinen Art Krabben lebt, die in ungeheurer Menge in den nörd¬
lichen Meeren sich finden. Er lebt den größten Theil des Jahres
in der Tieft des Meeres, kommt aber jährlich dreimal an's Ufer,
um zu laichen, wo dann der Zug einen dicht gedrängten, vorne spi¬
tzigen, nach hinten breiteren Keil bildet. Die Menge ihres Laichs
ist sehr groß. Ein Häring, der 1£ Pfund schwer war, hatte über
68,000 Eierchen; daher vermehren sich die Häringe außerordentlich.
Ungeachtet der unbeschreiblich großen Menge, die jährlich von Men¬
schen gefangen oder auch von andern Thieren, besonders dem Nord--
kaper, der sie'bei Tausenden verscblingt, verzehrt werden, kommen
jene unermesslichen Schaaren alle Jahre wieder aus dem Schooße
des Meeres hervor. Allein dieser erstaunliche Überfluss würde ohne
die Erfindung des Einsalzens wenig nützen. Desto schätzbarer muss
der Nachwelt das Andenken des Mannes sein, der dieses Verdienst
sich erwarb. Die meisten Nachrichten schreiben diese Ehre dem Wil¬
helm von Beukelszoon von Bierfliet in Flandern zu, der 1416 diese
Entdekkung machte, welche seine Landsleute benutzten und vervoll¬
kommneten. Viele europäische Nationen beschäftigen sich mit der
Häringsfischerei, namentlich die Holländer, Engländer, Schweden,
Danen, Norweger, Franzosen, Preußen u. s. w. Am stärksten je¬
doch treiben die Holländer den Häringsfang, und sie sind auch noch
immer im Besitze des Vorzugs, die besten und schmakkhastesten Hä¬
ringe zu liefern. Der Häringsfang findet vom Juni bis Mitte
Januars statt, weil in dieser Zeit die ziehenden Häringe am fettesten
sind. Daher ist es den Holländern bei harter Straft von ihrer
Regierung verboten, das Häringsnetz vor dem 25. Juni auszuwere
ftn, und die Maschen ihrer Netze sind von vorgeschriebener Größe,
damit sie die junge Brut durchlassen. An die dem ausgespannten
Netze zunächst liegenden Fahrzeuge werden Laternen aufgehängt, um
so die Häringe anzulokken, die dem Lichte nachgehen; und kommen
am Morgen die Schiffer, so können sie oft in einem Zuge an
120—130,000 Stükk Häringe in dem Netz erhaschen, und haben
dann an drei Stunden zu thun, bis das Netz ausgezogen und in
die Höhr gewunden ist. Das Einsalzen der Häringe geschieht ent¬
weder sogleich auf dem Schiffe, oder auf dem Lande, und zwar auf