28. Die Erziehung des deutschen Volkes. 151
seit Anfang des 17. Jahrhunderts eingerichtet. Heute besteht
neben der allgemeinen Schulpflicht der allgemeine Impfzwang
und für die männliche Jugend neben der allgemeinen Dienst-
pflicht das allgemeine Wahlrecht. ^
Heute rüsten mehr als je alle schulen ihre Schüler mit dem
nötigen geistigen Rüstzeug für den schweren Kampf ums Dasein
aus. Die Aufgabe der Volksschule besteht im speziellen darin,
der Jugend durch Unterricht, Übung und Erziehung die religiöse,
sittliche und vaterländische Bildung und die für das bürgerliche
Leben nötigen allgemeinen Kenntnisse und Fertigkeiten zu
gewähren. Außerdem wird soweit wie angängig die Kunst
gepflegt, vorzugsweise im Zeichnen, Singen und Turnen. Künst-
lerischer Vilderschmuck (Künstler-Steinzeichnungen der Verlags-
buchhandlung V. G. Teubner und R. Voigtländer in Leipzig)
und gute Lektüre helfen guten Geschmack und Sinn für Schön-
heit und Sitte entwickeln und fördern. In Preußen faßt man
alle die Schulen, die das Ziel der allgemeinen Volksschule etwas
weiter fassen und verfolgen, als Mittelschulen zusammen. In
andern Staaten sagt man auch „Bürgerschulen" dafür. In Süd-
deutschland, in der Schweiz sind „Mittelschulen" die Schulen, die
man sonst allgemeinhin als „höhere Schulen" bezeichnet.
Während in den meisten deutschen Bundesstaaten die Schul-
Verhältnisse durch ein besonderes Volksschulgesetz geregelt sind,
ermangelt ein solches noch in Preußen, Bayern und den beiden
Mecklenburg, wo nur einzelne Punkte gesetzlich festgelegt sind.
Überall aber hat der Staat die oberste Leitung und Beaufsichtigung
des Schulwesens. Weil Gemeinde und Kirche auch ein großes
Interesse an der Erziehung der Jugend haben, so sind sie an
der Verwaltung des Schulwesens mit beteiligt. An die Stelle
von Schulinspektoren des Volksschulwesens rücken neben Geistlichen
und Oberlehrern seminaristisch vorgebildete Lehrer mehr und
mehr vor, und das mit Recht, wird doch dadurch einmal eine
sachkundige Aufsicht verbürgt und sodann der Lehrerstand im
allgemeinen Ansehen gehoben.
Die Volksschulen sind konfessionell in evangelische und
katholische getrennt. Daneben gibt es einige israelitische.
Gesetzlich ist die Simultanschule, d. h. die Schule, in der die
Schüler aller Konfessionen mit Ausnahme in der Religion gemein-
schaftlich unterrichtet werden, in Baden, Hessen, Sachsen-Weimar
und Sachsen-Meiningen eingeführt. Der Religionsunterricht wird
hier von der in Frage kommenden Kirche beaufsichtigt.
Die Zahl der öffentlichen Volksschulen beträgt reichlich
60000. Hier wirken gegen 170000 voll beschäftigte Lehrkräfte
(vgl. stat. Anh. XXXIlla). Die öffentlichen Volksschulen werden
von rund 10 Millionen schulpflichtigen Kindern besucht. Die
Gesamtaufwendungen für diese Schulen haben bereits eine halbe
Milliarde überschritten, wovon fast ein Drittel aus Staatsmitteln
fließt. Deutschland steht mit seinen Aufwendungen für die Volks¬