30 Die Vorboten der neuen Zeit. §. 559. 
düstere, trotzige Gemüthsstimmung mit einer getreuen und innigen Auffassung der Natur und 
einem poetischen, leidenschaftlichen Elemente vereinigt ist. In den Niederlanden bildete sich auch 
jene niedere Genre-Malerei aus. worin die Zustände des gemeinen LebenS in derber Unge- 
bundeuheit aufgefaßt und mit keckem Pinsel in heiterer Komik dargestellt sind In dieser Gattung 
zeichneten sich besonders aus Jan Steen, die beiden TenierS, Adrian v. Ostade (1610— 
1685) u. A. Die holländische Schule besitzt auch die talentvollsten Landschaft«- und Thier- 
mater, unter denen M. Hobbema, I. Rnysdael (+ 1682', dessen Bilder meisten« 
schauerliche, einsame Gegenden darstellen, I. und A. Both, Allard von Everdingen, Paul 
P 0tter (f 1654), Alb. Cnvp (f 1691), A. van der Beide, N. Bergbem und besonders der 
Pferde- und Schlachtenmaler Pb. Wouvermau aus Haarlem (fl 668 und Huyium (1682 - 
1749), der Maler von Thierstücken, Stillleben, Blumen und Früchten, zu erwähnen sind. 
d) Die deutsche Schule. Hat die italienische Malerei das Ideale zur Ausbildung ge- 
bracht, die niederländische die reale Wirklichkeit zur vollendeten Darstellung geführt, so steht die 
deutsche Schule, die mit einer richtigen Auffassung der Natur und scharfer Charakterzeichnnng eine 
gemüthliche, in sich gesammelte Stimmung verbindet, in der Mitte. Die beil. Jungfrau im 
Rosenhag von Martin Schongauer, Maler und Kupferstecher aus Colmar - 1499', verbindet 
«ofttin bic 3nni?!eit des Gemüths der ältern deutschen Dichter mit dem Realismus der Brabanter. bei 
t 1543. denen er in die Schule gegangen. Als Zierden der deutschen Schule sind zu nennen Hanß Holbcin 
der Jüngere, Sohn eines Malers gleichen Namens, nnd neben ihm der als Dichter und Künstler 
ausgezeichnete Nie. Manuel aus Bern. Diese Beiden führten die der deutschen Malerei eigen¬ 
thümliche phantastisch-humoristische Gattung der Todtentänze ihrer Vollendung zu. In diesen wird 
mit schauerlicher Lust vorgestellt, wie der Tod. eilte Entsetzen erregende Knochengestalt, alle Ge¬ 
schlechter und Alter der Menfeben mit sich fortzieht; oft werden mit diesen Gebilden einer launen¬ 
haften Phantasie satirische Anspielungen ans Personen und Zustände der Zeit verbunden. Diesem 
Gegenstände, der seit Jahrhunderten die Phantasie des ganzen Volks beschäftigte und von dem sich 
alte Wandgemälde in einem Baseler Kloster vorfanden, hat Holbein in einer Reihe kleiner 
Holzschnitte das schönste und abschließende Gepräge gegeben. In den Bildern HolbcinS, der 
einen großen Theil seines Lebens in England zubrachte und dort viele Portraits verfertigt hat, 
herrscht klare und ruhige Würde und ein lebendiges Colorit. DaS Altarbild im Munster zu 
Freiburg im BreiSgau (die Geburt Christi und die Anbetung der Könige darstellend) und 
die Familie des Bürgermeisters Meyer in Basel, vor der Madonna kniend, in Dresden und 
«ib«cht in Darmstadt, gehören zu seinen besten Arbeiten. Am meisten gedieh die deutsche Malerei 
Dürer in dem kunstsinnigen Nürnberg, besonders durch Albrecht Dürer. Scharfe und bestimmte 
1471-1528 Form und Charakter-zeichnung ist das Wesen dieser Schule. Bei Dürer findet man einen 
1472-1553. hohen Reichthum an Ideen und Phantasie. Durch Lucas Cranach verbreitete sich diese Rich¬ 
tung nach Sachsen. Auch er ist sehr productiv, aber statt Dürers Ernst und Tiefe des Gedankens 
herrscht bei Cranach ein leichter spielender Humor, wie in Hans Sachs. Hans Burgmaier 
lebte und wirkte in gleichem Sinne zu Augsburg. Alle diese Künstler leisteten auch Bedeutendes 
in der Kupferstecher- und Holzschneidekunst. 
Murillv 0) 3u hoher Vollendung wurde die Malerei im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert auch 
1617—1682. in Spanien-geführt, wo namentlich Mnrillo eine glühende Begeisterung und hohen Schwung 
mit bestimmten Formen und lebensvollem Colorit vereinigt Ihm reihen wir den besonders 
durch seine Portraits ausgezeichneten VelaSqnez (1599—1660) an. 
d) Die französischen Künstler folgten hauptsächlich italienischen Vorbildern. Von 
ihnen wollen wir nur den vorzüglich durch das Studium der Antike gebildeten Nicol. Poussin 
(-j- 1665), den gewandten und liebenswürdigen Lesueur und den lieblichen Landschaftsmaler 
EJaudt Claude Lorrain hervorheben. In L ebrun (-j- 1690) zeigt sich schon die theatralische Schein- 
1600—1682. größe und das affectirte, pomphafte Wesen, das den Verfall der Kunst in Frankreich herbeiführte. 
e) In England kam die Kunst erst später zur selbständige.! Ausbildung. Am merkwür- 
1697°-1764 digsten unter den Aelteren ist Wilhelm Hogarth durch seine satirischen und humoristischen Dar- 
stellnngen der gesellschaftlichen Zustände mit ihren Albernheiten und Lastern, von ihm selbst in 
Kupfer gestochen. 
§• 559. Die Tonkunst. Die Musik wurde meistens im Schooße der Kirche 
groß gezogen und lernte am Latein der Liturgie die Sprache. Von dem um das 
lateinische Kirchenlied sehr verdienten heiligen Ambrosius (Erzbischof von Mailanv 
374—397) sollen die noch in der katholischen Kirche üblichen Antiphonien. Hymnen und 
Vigilien zuerst eingeführt sein, doch ist der sogenannte Ambrosianische Lobgesang Te
	        
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