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und wider alle christliche Einigkeit und Liehe, so die Un¬
sern desshalben alsKetzer abzusondern, zu verwerfen und
zu meiden sich selbst ohne einen beständigen Grund gött¬
licher Gebot oderSchrift vornehmen: denn die Irrung und
Zank ist vornehmlich über etlichen Traditionen und Miss¬
brauchen : so denn nun an den Hauptartikeln kein befind¬
licher Ungrund oder Mangel und diess unser Bekenntniss
göttlich und christlich ist, sollten sich billig die Bischöfe,
wenn schon bei uns der Tradition halber ein Mangel
wäre, gelinder erzeigen, wiewohl wir verhoffen, bestän¬
digen Grund und Ursachen darzuthun, warum bei uns
etliche Traditionen und Missbräuche geändert sind.
Nach geschehener Verlesung desBekenntnisses wollte
D. Brück beide Exemplare derselben dem kaiserlichen
Secretair übergeben, allein der Kaiser streckte selbst die
Hand darnach aus, gab die deutsche Confession dem Kur¬
fürsten Albrecht von Mainz und behielt die lateinische für
sich. Die protestantischen Stände statteten hierauf dem
Kaiser, dem König und den anderen Fürsten für gnädiges
und gütiges Gehör ihre Danksagung ab. Ein neues Ge¬
fühl belebte und durchdrang sie von diesem grossen
Augenblick an. Durch das feste Band eines gemeinsamen
Glaubens fühlten sie sich jetzt mehr denn je zuvor innig
verbunden. Welch ein Unterschied zwischen diesem Tage
und dem zu Worms vor neun Jahren! Vor Kaiser und
Reich, ja vor der ganzen christlichen Welt standen sie mit
einem grossen Gebet im Herzen, ihre Rechtfertigung dar¬
stellend in ihrem Bekenntniss, in vollkommenster Einig¬
keit mit allen wahrhaft gläubigen und christlichen
Gemüthern in der ganzen Welt, und auf einer Höhe,
von wo sie mit göttlicher Zuversicht auf viele Jahr¬
hunderte hinsehen; konnten.
83. Bericht des Dr. Justus Jonas über Dr. Martin
Luthers Tod.
Am 23. Januckr 1546 ist Dr. Luther, auf Verlangen
der Grafen und Herren zu Mansfeld, von Wittenberg
ausgezogen und hat die erste Nacht zu Bitterfeld zuge¬
bracht, weil sich nämlich zwischen gedachten Grafen viele
große Irrungen eine Zeit her ergeben halten, daraus
der Herrschaft Mansfeld allerlei Nachtheil zu befürchten
stand; so baten die Grafen sämmtlich Dr. Luther,
als der von Eisleben in der Herrschaft Mansfeld gebür-