Full text: Der Jugendfreund für Schule und Haus

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Und gleich mit Lachen annehmen und behalten. Nicht allein 
über die Kinder, sondern auch die großen Fürsten und Her¬ 
ren kann man nicht baß betrügen, zur Wahrheit und zu 
ihrem Nutz, denn daß man ihnen lasse die Narren die Wahr¬ 
heit sagen. Dieselbigen können sie leiden und hören, sonst 
Zollen und können sie von keinem Weisen die Wahrheit lei¬ 
ten; ja alle Welt hasset die Wahrheit, wenn sie einen trifft. 
Darum haben weife, hohe Leute die Fabeln erdichtet, und 
Bussen ein Thier mit dem andern reden, als wollten sie sa¬ 
gen: Wohlan! cs will Niemand die Wahrheit^ hören noch 
leiden, und kann man doch der Wahrheit nicht entbehren; 
so wollen wir sie denn schmücken und unter einer lustigen 
Lügenfarbe und lieblichen Fabeln kleiden, und weil man sie 
nicht will hören durch der Menschen Mund, daß man sie 
dennoch höre durch der Thiere ;rnd Bestien Mund. So ge- 
schieht's denn, wenn man die Fabeln liefet, daß ein Thier 
dem andern die Wahrheit sagt; ja zuweilen der gemalte 
Wolf, Bär oder Löwe im Buch dem rechten, zweifüßigen 
Wolf oder Löwen einen guten Text heimlich liefet, den ihm 
sonst kein Prediger, Freund noch Feind lesen dürfte. 
Darum bitten wir, alle frommen Herzen wollen diesen 
Äsopum fleißig gebrauchen, und solcher Fabeln eine des 
Abends über Tisch mit Kindern und Gesinde nützlich und 
luftiglich handeln. Und daß ich ein Exempel gebe, der Fa¬ 
beln wohl zu gebrauchen: wenn ein Hausvater über Tisch 
will Kurzweil haben, die nützlich' ist, kann er sein Weib, 
Kind, Gesinde fragen: Was bedeutet diese oder diese Fabel? 
und beide sie und sich darin üben. Als die Fabel vom Hund 
mit dem Stück Fleisch im Maul bedeutet: Wenn einem 
Knecht oder einer Magd zu wohl ist, so gehet's ihnen wie 
dem Hund, daß sie das Gute verlieren, und jenes Bessere 
nicht kriegen. Item: Wenn sich ein Knecht an den andern 
bängt, und lässet sich verführen, daß es ihm gehe, wie dem 
Frosch an die Maus gebunden, die der Weihe alle beide 
fraß. Und so fortan in den andern Fabeln, mit Lieb und 
Leid, mit Dräuen und Locken, wie man vermag, ohne daß 
wir müssen das Unsere bei ihnen thun. '
	        
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