fullscreen: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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19. Hermann der Cherusker. 
Durch Cäsars Siege war die Herrschaft der Römer bis an die 
Donau und den Rhein ausgedehnt worden. Nun sollten beide 
Flusse gegen die fortwährenden Einfälle der Deutschen vertheidigt 
werden, und das war, wie Marius und Cäsar erfahren hatten, 
keine leichte Sache. Was Wunder, wenn der Kaiser Augnstus den 
Wunsch hegte, die Völker zu unterjochen, welche unaufhörlich die 
Grenzen seines Reichs beunruhigten? Im Jahre 12 vor Christi 
Geburt begann der Kampf der Römer gegen die Deutschen. Die 
Heere des Augnstus gingen über den Rhein und drangen bis an 
die Elbe vor; dann kehrten sie wieder um und waren im Herbste 
eben so weit, als sie im Frühlinge gewesen waren. Solche Züge 
wiederholten sich mehrere Jahre, ohne daß sie sichtliche Frucht ge¬ 
tragen hätten. In de.n deutschen Wäldern und Sümpfen mußte 
der Krieg anders geführt werden, als in Griechenland oder dem 
dichtbevölkerten Italien. Durch Erfahrung klug gemacht, rückten 
die Römer nur ganz langsam vor, erbauten aber in dem neubesetzten 
Landstrich sofort Schlösser und Burgen, legten eine bleibende Be¬ 
satzung hinein und machten das umherliegende Feld zu Garten- 
und Ackerland. Auf diese Weise gelang es ihnen, bis zur Weser 
hin festen Fuß zu fassen. Um die Deutschen vollständig zu unter¬ 
jochen, sollte ihnen ihre Sprache und Sitte genommen und römische 
Sprache, römischer Brauch, römisches Gericht aufgedrungen werden. 
Dies erbitterte die Deutschen denn doch zu sehr. Namentlich 
ließ ein junger Fürst, Hermann oder Arminius, dessen Volk 
in der Nähe des Harzes wohnte, sich die Noth seines Vaterlandes 
zu Herzen gehen. Er war früher, wie viele Deutsche, in römischen 
Kriegsdiensten gewesen und hatte die Kämpfe der Römer mitgekämpft, 
auch zum Lohn für seine Tapferkeit die römische Ritterwürde erhal¬ 
ten; aber in seiner Gesinnung war er ganz ein Deutscher geblieben. 
Als er von Rom zurückkehrte und die Noth seines Volkes sah, war 
sein Entschluß schnell gefaßt, der Retter seines Vaterlandes zu 
werden. In offener Feldschlacht, das sah Hermann klar, waren 
die Deutschen den Römern nicht gewachsen. Er hielt es für recht, 
zu List und Verstellung seine Zuflucht zu nehmen. Um den römi¬ 
schen Feldherrn Varus aus seinem festen Lager am Rhein zu locken, 
zeigt er ihm an, daß die Völker an der Weser in hellem Aufstande 
begriffen seien, und räth ihm, schnell hinzuziehen, um die empörten 
Stämme zur Ruhe zu bringen. Dann entfernt er sich unter dem 
Vorgeben, daß er den Römern Hülfstruppen zuführen wolle. Varus 
läßt sich täuschen itub bricht mit einem auserlesenen Heere nach der 
Weser auf. Es war ein schrecklicher Zug. Ohne Weg und Steg 
ging es Tage lang durch Wälder und Sümpfe und dichtes Gestrüpp 
fort. Kalter Regen goß in Strömen hernieder und weichte den
	        
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