Full text: Real-Buch für Volksschulen

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den geköpft. Im Jahre 1527 hielt Luther mit seinem Me- 
ianchthon eine Schul- und Kirchenvisitation, in weicher sie sich 
noch mehr von dem kläglichen Zustande der Religion überzeugten, 
indem sie selbst Prediger fanden, die nicht einmal lesen konn¬ 
ten. Luther verfaßte darauf seinen kleinen und großen Kate¬ 
chismus, um den Lehrern zu Hülfe zu kommen. — Zu gleicher 
Zeit mit ihm trat Zwingli in der Schweiz als Kirchenverbesse¬ 
rer auf. Er ging seinen eigenen Weg, fand viele Anhänger 
und stimmte in seinen Lehrsätzen größrentheils mir Luther überein; 
besonders waren sie sich darin völlig einig, daß die Bibel in 
Sachen des Glaubens allein entscheiden könne. Nur in der 
Lehre vom Abendmahl konnten die beiden großen Reformatoren 
sich nicht vereinigen, indem Zwingli die Gegenwart Christi im 
Abendmahl nicht so annehmen wollte, wie es Luther that. 
Denn Luther blieb bei den Worten der Bibel stehen: „Das 
ist mein Leib, das ist mein Blut." Zwingli aber erklärte diese 
Worte so: „Dies Brot bedeutet meinen Leib, dieser Wein 
bedeutet mein Blut." Zwar starb Zwingli in einer Schlacht 
gegen einige katholische Kantone; aber noch sterbend bezeugte 
er seine Zuversicht. „Was ist's nun mehr? — sprach er —> 
den Leib nur können sie tödten, die Seele nicht." Calvin, 
Prediger in Genf, setzte das von Zwingli angefangene Werk 
fort. Doch setzte er eine sehr gefährliche und das menschliche 
Gemüth sehr ängstigende Lehre fest, die Lehre von der Gnaden¬ 
wahl, zufolge welcher Gott nach einem unbedingten Rathschluß 
von Ewigkeit her einige Menschen zur Seligkeit und andere zur 
Verdammniß bestimmt h'aben soll. In der Lehre vom Abend¬ 
mahl suchte er einen Mittelweg zwischen Luther und Zwingli 
einzuschlagen. Die Anhänger Zwingli's und Calvin's nennen 
sich Reformirte. Auch in England ward der Zustand der Religion 
verbessert, und die Kirche dieses Landes, die in Glaubenslehren 
sich der reformirten nähert, hat, weil sie die Nothwendigkeit der 
bischöflichen Regierung behauptet, den Namen der bischöflichen 
Kirche erhalten. Davon aber trennte sich eine andere Parthei, 
die Presbyterianer, die sich bloß den von ihnen erwählten Pres¬ 
byter- oder Kirchenaltesten unterwarfen, und sich auch, weil sie 
die reine Lehre herzustellen suchten, Puritaner, d. h. Reiniger, 
nannten. Die Mitglieder der verbesserten Kirche wurden auch 
überhaupt Protestanten genannt, weil die deutschen evangelisch- 
lutherischen Fürsten wider die Beschlüsse des Reichstages zu 
Speier 1529, die ihrer Lehre und deren Ausbreitung gefährlich 
waren, protestirten, d. h. feierlich sich erklärten, und weil noch 
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