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der Vogelsteller sitzt. Auf dem Boden des Kastens laufen Vögel
umher, angeschirrt und angezäumt, so daß sie nicht entweichen können.
Die Lockvögel dagegen sind in der Nähe des Herdes in Verstecken
vertheilt und rufen in den Wald hinein. Sobald Vögel in den Ka¬
sten geflogen sind, zieht der Vogelsteller die Fallihüren zu, und es ist
um die Freiheit der arglosen Thiere geschehen. — Die Vogelherde des
Harzes haben einen alren und hohen Ruf. Saß doch Herzog Heinrich
an emem Vogelherde des Harzes, als ihm die Krone von Deutschland
angeboten wurde.
3. Den Kramtsvögeln, Weindrosseln u. s. w. stellt man ihres
wohlschmeckenden Fleisches wegen nach, und zwar mittelst Schlingen.
Dres geschieht im Herbste. Die Schlingen sind aus Pferdehaaren
gedreht und an emem hölzernen Bügel befestigt, der die Gestalt eines
Steigbügels hat. Jeder Bügel hat drei bis vier Schlingen und außer¬
dem noch als Lockspeise die Frucht der Ebereschen. Ein gabelförmiger
Tannenzweig, den man mannshoch an dem Aste eines Baumes auf¬
hängt, hält ihn, und es sind auf diese Weise oft in einem einzigen
Jagdreviere an 2000 Tannen mit Bügeln versehen. Täglich wird
nachgesehen, und man holt aus einem einzigen Reviere an manchem
Tage'200 bis 250 Vögel.
4. Ein großer Theil dieser Vögel kommt auf die Märkte der
benachbarten Städte zum Verkauf. Auch die eingefangenen Singvögel
bleiben nur zum kleinsten Theile im Harz. In kleine Bauer eingesperrt
wandern sie auf dem Rücken der Händler in die weite Welt. Man
sieht in den Straßen der Städte oft vierzig, fünfzig solcher Bauer
neben und über einander zum Verkaufe aufgetürmt. Da flattert der
Stieglitz neben dem Dompfaffen, der Zeisig neben dem Hänflinge;
vergebens mühen sie sich ab, zwischen den Tannenstäbchen des Gefäng¬
nisses hindurch zu brechen. Wohl singen sie noch; aber ihre Lieder
tönen nicht mehr so froh, und ihr Gefieder bleicht schon nach wenigen
Jahren.
21. -Der Fink.
Der Buch- oder Edelfink hat die Größe eines Haussperlings;
sein Unterleib ist braunroth, der Oberrücken mehr grau, und zwei
werße Querbinden ziehen sich über die Flügel und die Seitenränder
des Schwanzes. Sein Nest, dem auch das des Stieglitzes und
des wüden Kanarienvogels sehr ähnlich ist, baut er tassenförmig von
Moos, Flechten, Spinngewebe, so daß es die Farbe des Baumstam¬
mes erhält, auf welchem es in einer Astgabel steht; inwendig ist
es mit Federn und Haaren gefüttert. Es enthält drei bis fünf hell
bläulichgrüne, dunkelbraun gefleckte Eier, die vierzehn Tage gebrütet
werden. Ist das Nest bald fertig, so dreht sich der Vogel mit sei¬
nem Brüstchen gewaltig darin herum, damit es recht hübsch rund
wird; dann aber ist es auch so schön glatt, daß es ein Hutmacher
nicht besser machen könnte. Das Männchen bringt rm Schnabel
die Materialien zum Nestplatz herbei, während das Weibchen baut.
Hat jenes genug herbeigebracht, so singt es diesem zur Ergötzlichkeit