Full text: Lesebuch für hannoversche Volksschulen

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windet sich über Felsgerölle hinweg der Kidron. Zwei steinerne 
Brucken führen über denselben nach dem Ölberg. Die oberwärts 
gelegene führt nach Gethsemane. 
Der Ölberg überragt alle Berge, welche die heilige Stadt 
umschließen. Er hat drei Gipfel, von denen der mittlere der höchste ist. 
Heute stehen etwa noch fünfzig Ölbäume auf seinem Abhänge. Auf 
diesem Berge weilte der Heiland oft und gern. Bom Gipfel desselben 
sah er die Stadt an und weinte über sie, Luk. 19, 41; hier, dem Tem¬ 
pel gegenüber, weissagte er den Untergang der Stadt. Am jenseitigen 
Abhange des Berges lag das freundliche Bethanien, wo Martha 
und Maria wohnten und der Herr den Lazarus erweckte. — Geht 
man von hier aus in das Iosaphatthal zurück, so liegt dem Wanderer 
zur Linken der Berg des Ärgernisses, wo der greise Salomo 
dem Moloch opferte, 1. Kön. 11, 7. 8. An seinem Abhange, dem 
Berge Zion gegenüber, liegt die berühmte Quelle Silo ah, in der sich 
der Blinde wusch, den der Herr heilte. 
Die Südseite Jerusalems bildet das Thal Ben Hinnom oder 
Gehenna. Hier haben die Bürger Jerusalems ihre Kindlein auf den 
glühenden Armen Molochs geopfert. Zu Christi Zeiten wurde dieses 
Thal für unrein gehalten. Die Leichname von gefallenen Thieren und 
von Verbrechern wurden hier verbrannt, wozu ein fortwährendes 
Feuer unterhalten ward. Die Höhen, welche dieses Thal begleiten, 
nennt man den Berg des bösen Rathes und zeigt daselbst ein 
Landhaus des Kaiphas, wo sie Rath hielten, wie sie Jesum mit List 
griffen und tödteten. Hier liegt auch der Hakeldama, der Blut¬ 
acker, erkauft von dem Verräthersolde des Judas. Daselbst begräbt 
man noch heutiges Tages die Pilger. 
Die Umgegend von Jerusalem ist reizlos. Ein trauriges Grau 
ist die Farbe der Landschaft. Buschwerk fehlt fast ganz; von den 
Fruchtbäumen gedeihet nur der Ölbaum in Überfluß. — Die Ge¬ 
gend ist wie erstorben. Selbst Vögel und Schmetterlinge halten 
sich hier nicht auf, da sie keine Nahrung finden; nur den Sperling 
trifft man an. — 
3. Eine Meile südwärts von Jerusalem liegt Bethlehem, 
d. i. Brothaus. Auf einem mäßigen Bergrücken steigt die Stadt 
stufenförmig empor. An den Abhängen dieses Bergrückens gedeiht 
der Weinstock; Mandel-, Öl- und Feigenbäume überkleiden die 
Hügel, und zwischen nackten Felsen schimmern goldene Saatfelder 
und grüne, reizende Gründe. Auf diesen Gefilden sammelte Ruth die 
Ähren für Naemi; hier sann der jüngste Knabe Isais auf seine Psal¬ 
men, und hier ward den frommen Hirten die Geburt des Heilandes 
durch den Engel verkündet. 
Einige Stunden südlich von Bethlehem liegt Hebron in reiz¬ 
voller Landschaft, die alte Hauptstadt Kanaans, in welcher schon 
Abraham und David wohnten. In der Umgegend gedeiht Obst 
aller Art in Menge, vor allem die Traube. Hier ist das berühmte 
Traubenthal Eskol zu suchen, wo die israelitischen Kundschafter
	        
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