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lernet nun von uns den alten Menschen aus- und den neuen anzie¬
hen; erneuert euch in euerm Schöpfer, welcher euer Ursprung ist und
nach welchem ihr ursprünglich gebildet gewesen. Inzwischen aber
ihr hier auf Erden wallet, sorget nicht für euern Leib; sondern lasset
enern Gott, der uns so herrlich geziert hat und alle Jahre mit
neuem Schmuck ankleidet, hegt, nährt und mehrt, auch für euch
sorgen. Sehet, wir geben euch alle unsere Kräfte, welche wir euch
und nicht uns zu dienen empfangen haben; und alle Blättlern sind
gleich den Zungen, welche Gottes Milde, Güte, unendliche Allmacht
und gnädige Vorsorge verkündigen." Ich höre diesen Feldpredigern
zu; ich glaube ihren stummen Worten und trete alle meine Sorgen
mit Füßen. So gehe ich nun fröhlicher meinen Weg, weil ieh der
väterlichen Vorsorge meines Gottes versichert bin, und verlange
getrost zu sterben, weil ich nicht zweifle, mein Leib werde verklärt
auferstehen und das Verwesliche werde auch in mir anziehen das
Unverwesliche.
32. Gott weiß.
1. Weißt du, wie viel Sterne stehen
An dem blauen Himmelszelt?
Weißt du. wie viel Wolken gehen
Weithin über alle Welt?
Gott der Herr hat sie gezählet.
Daß ihm auch nicht eines fehlet
An der ganzen großen Zahl.
2. Weißt du, wie viel Mücklein
spielen
In der hellen Sonncnglut?
Wie viel Fischlein auch fich kühlen
In der hellen Wasserflut?
Gott der Herr rief sie mit Namen,
Daß sie all ins Leben kamen.
Daß sie nun so fröhlich sind.
3. Weißt du, wie viel Kinder frühe
Stehn aus ihrem Bettlcin auf.
Daß sie ohne Sorg und Mühe
Fröhlich sind im Tageslauf?
Gott im Himmel hat an allen
Seine Lust, sein Wohlgefallen,
Kennt auch dich und hat dich lieb.
33. Gott ist die Liebe.
Ein heidnischer König sprach zu einem berühmten Weltweisen:
Sage mir: was ist Gott? Gib mir einen Tag Bedenkzeit, antwor¬
tete' der Weise, so will ich dirs sagen. Als der Tag um war und
der König die Antwort begehrte, sagte der Weise: Gib mir zwei Tage
Bedenkzeit, so will ich dirs sagen. "Als die zwei Tage auch um waren
und der König die Antwort begehrte, sagte der Weise: Gib mir vier
Tage Bedenkzeit, so will ich dirs sagen. Und so fuhr er fort und
gaö keine Antwort, sondern verlangte immer doppelt soviel Bedenkzeit,
als er das letzte Mal sich ausgebeten hatte. Als der König endlich
ungeduldig ward und ihn fragte, was dies Aufschieben bedeute, sagte
der Weltweise: Je mehr ich der Sache nachdenke, desto weniger ver¬
stehe ich davon.
Ein Christenkind weiß in einem kurzen Sprüchlein auf des
Königs Frage eine Antwort zu geben, auf die der arme Heide nimmer
gekommen wäre, wenn er sich auch noch hundert Jahre hätte besinnen
dürfen. Das Sprüchlein heißt.Gott ist die Liebe.