Full text: Lesebuch für hannoversche Volksschulen

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51. Unerwartet und dennoch erwartet. 
In dem sächsischen Hohenstein wurde ein Jüngling, der Sohn 
eines Bürgers daselbst, bei seiner Arbeit von der ausftürzenden 
Wand einer tiefen Sandgrube erschlagen. Schon seit etlichen Tagen 
hatte man an dem Jüngling bemerkt, daß er sehr ernst und in sich 
gekehrt war. Er hatte immer von Tod und Ewigkeit gesprochen 
und mit rechter Sehnsucht die Seligkeit des Himmels gerühmt, da 
man Gott preisen werde ohne Aufhören. Heute, am Morgen seines 
Todestages, war er früh auf gewesen, hatt'e sehr andächtig und mit 
Thränen sein Morgengebet verrichtet und dann das Lied gesungen: 
„Wer weiß, wie nahe mir mein Ende." Die Mutter hatte'ihn 
wollen zu Hause behalten von der Arbeit; er aber hatte sich nicht 
lassen abwendig machen, mit seinem Vater zu gehen und diesem zu 
helfen. Der Vers des Liedes war an ihm eingetroffen: „Es kann 
vor Nacht leicht anders werden, als es am frühen Morgen war; 
denn weil ich leb auf dieser Erden, leb ich in steter Todsgefahr." Aber 
der kluge Jüngling hatte sein Haus zur rechten Zeit und auf die rechte 
Weise bestellt. 
Heute rotll, morgen tollt. Leböue Oektnlt verliert üeb balll. 
52. Der Winter. 
1. Der Winter ist ein rechter Mann, 
Kernfest und auf die Dauer; 
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an; 
Er scheut nicht süß, noch sauer. 
5. Doch wenn die Füchse bellen sehr, 
Wenns Holz im Ofen knittert. 
Und um den Ofen Knecht und Herr 
Die Hände reibt und zittert; 
2. War je ein Mann gesund wie er? 
Er krankt und kränkelt nimmer; 
Er trotzt der Kälte, gleich dem Bär. 
Und schläft im kalten Zimmer. 
6. Wenn Stein und Bein vor Frost 
zerbricht. 
Und Teich und Seen krachen. 
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht. 
Dann will er todt sich lachen. 
3. Er zieht sein Hemh im Freien an 
Und läßts vorher nicht wärmen; 
Er spottet über Flüß im Zahn 
Und Grimmen in Gedärmen. 
7. Sein Schloß von Eis liegt ganz 
hinaus 
Beim Nordpol an dem Strande; 
Doch hat er auch ein Sommerhaus 
Im lieben Schweizerlande.- 
Aus Blumen und aus Vogelfang 
Weiß er sich nichts zu machen. 
Haßt warmen Trank und Liederklang 
Und alle warmen Sachen. 
8. Da ist er denn bald dort, bald hier, 
Gilt Regiment zu führen; 
Und wenn er durchzieht, stehen wir 
Und sehn ihn an und frieren. 
53. Der Winter. 
Still ifts auf dem Felde und im Walde, zu keiner Zeit stiller. 
Hier unten fehlen die Sternblümchen, Hie mit ihrem Auge nach oben 
schauen; aber von oben her schauen des Himmels Sterne mit einer 
Herrlichkeit hernieder auf die Erde,<wie in keiner andern Jahreszeit. 
J
	        
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