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Maulwürfe finden, und wo keine Maulwürfe sind, geschieht das
auch nicht; folglich thuts der Maulwurf." — Der das sagt, ist ver¬
muthlich der nemliche, der einmal so behauptet hat: „Wenn im Früh¬
ling die Frösche zeitig quaken, so schlägt auch das Laub bei Zeiten
aus; wenn aber die Frösche lange nicht quaken wollen, so will auch
das Laub lange nicht kommen; folglich quaken die Frösche das Laub
heraus." — Seht doch, wie man sich irren kann! Denn nicht der
Maulwurf frißt die Wurzeln ab, sondern die Engerlinge, die unter
der Erde sind, aus welchen hernach die Maikäfer und anderes Un¬
geziefer kommen. Der Maulwurf dagegen frißt die Engerlinge und
reinigt den Boden von diesen Feinden. Es ist also begreiflich, daß
der Maulwurf immer da ist, wo das Gras und die Pflanzen krank
sind und absterben, weil die Engerlinge da sind, denen er nachgeht,
und die er verfolgt.
Alle Säuge'thiere, welche von Pflanzennahrung leben, haben in
jeder Kinnlade, oben und unten, nur zwei scharfe Vorderzähne und
gar keine Eckzühne, sondern eine Lücke bis zu den Stockzähnen.
Alle Raubthiere aber, welche andere Thiere fangen und fressen,
haben sechs und mehr spitze Vorderzähne, dann Eckzähne auf beiden
Seiten, und hinter diesen zahlreiche Stockzähne. Der Maulwurf
hat in der oberen Kinnlade sechs und in der unteren acht spitze
Vorderzähne und hinter denselben Eckzähne auf allen vier Seiten,
und daraus folgt: er ist kein Thier, das an Pflanzen nagt, sondern
ein kleines Raubthier, das andere Thiere frißt.
Wer also den Maulwurf ausrotten will, thut sich selbst den
größten Schaden und den Engerlingen den größten Gefallen. Da
sönnen sie alsdann ohne Gefahr die Wiesen und Felder verwüsten,
können wachsen und gedeihen, und im Frühling kommt alsdann
der Maikäfer, frißt die Bäume kahl wie Besenreis und bringt zur Ver¬
geltung auch Kuckuks Dank und Lohn.
76. Der Sperling.
Der Sperling gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln.
An ihm ist nichts von Sauberkeit und Nettigkeit; nichts von dem
lieblichen Wesen der Taube, nichts von dem süßen Sange der Lerche
oder Nachtigal: es ist auch nichts an ihm, was zu loben wäre;
alles verräth seinen niedern Sinn. Von Zucht und Ehrgefühl weiß
er nichts; kein Eigenthum ist ihm heilig; alle Augenblicke hat er
Händel mit seinen Kameraden und dabei gibt es ein Geschrei, daß
man es im ganzen Dorfe hört; er ist flink und verschmitzt.
In seinem dicken, röthlichbraunen Kopfe stehen ein Paar rohe,
freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen
Menschen bekümmert, und daß es ihm einerlei ist, was man von
ihm denkt. Hierzu paßt sein plumper Schnabel, sein freches Geschrei,
seine untersetzte Gestalt, wie sein Anzug. Es kümmert ihn nicht,
was er anhat; Eitelkeit und Putzsucht kann man ihm nicht vor¬
werfen. Sein Kleid ist grob und grau; man kann nicht leicht
Schmutzflecke darauf sehen, und er treibt sich damit auf dem Miste,