Full text: Lesebuch für hannoversche Volksschulen

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Wurden, verdient zu haben, weil du das schlechteste Zeug für sie gekauft 
hattest und dir theuer bezahlen ließest. Hast manchen mit den Kohlen 
dein Lebetage betrogen; aber unser Herrgott ist dir doch überlegen, den 
kannst du mcht betrügen, und er hat dir den Beutel aus der Tasche ge¬ 
zogen. Bessere dich!" 
Unrecht Gut gedeihet nicht. Der ungerechte Pfennig ver¬ 
zehrt den gerechten Thaler. Wie gewonnen, so zerronnen. 
Unrecht Gut kommt nicht an den dritten Erben. Böser Han¬ 
del, wo der eine lacht und der andere weint. 
84. Redlichkeit ist das beste Einkommen. 
Äem Spitzenhändler Jakob Häuser fiel es einst schwer aufs 
Herz: „Du hast bisher bei deinen Preisen immer eine etwas höhere 
Summe angesetzt, 'als die war, für welche du die Ware lassen konntest 
und auch wirklich ließest, wenn Leute da waren, die das Handeln 
verstanden. War das auch recht? Ein Christ soll nicht lügen noch 
betrügen; das war aber beides. Wohlan, mein Gott, es soll nicht 
mehr geschehen!" Er kommt nach Cassel zur Messe. Gleich am 
ersten Tage kommen viele Leute, die seine Ware besehen, nach dem 
Preise fragen und dann handeln wollen. Da er aber erklärt, das sei 
wirklich der äußerste Preis, so verkauft er an diesem Tage nicht eine 
Elle. Abends im Wirtshaus kann er vor Traurigkeit nicht essen. 
„Das ist also", denkt er, „der Lohn christlicher Treue. So ist dirs 
doch nicht gegangen, als du, wie man sagt, bei der Welt wärest." 
Dann fand er sich aber doch wieder zurecht und schlief ruhig ein. 
Aber es ging an den beiden folgenden Tagen wieder ebenso. Abends, 
wenn die andern Kaufleute fröhlich waren, aß Häuser sein Stückchen 
trocken Brot heimlich und mit Seufzen. Noch war aber Hoffnung 
auf eine Käuferin, die gewöhnlich nicht handelte. Endlich, am vierten 
Tage, kommt die Landgräsin und zuerst an Jakobs Bude. Diesem 
klopft das Herz hoch vor Freude und Erwartung. Sie sucht aus, will 
aber auch etwas abhandeln. Der arme Jakob muß erklären, er könne 
keinen Heller zurückgehen, und sie geht schweigend hinweg zu den 
andern Spitzenhändlern. Sie bemerkt aber bald, daß diese viel 
theurer sind "und die Spitzen schlechter, spricht das aus gegen ihre 
Damen und kehrt zur ersten Bude zurück. Hier kaust sie dann reichlich 
und lobt laut den ehrlichen Mann. Alle Damen des Hofes und der 
Stadt wollen nun auch bei Jakob kaufen; am Abend hat er auch 
nicht eine Viertelelle mehr. „Konnte ich," erzählt er, „an den ersten 
drei Abenden vor Kummer und Sorge nicht essen, so konnte ich es 
nun vor Freude nicht. Meine Seele war voll Lobes und Dankes 
gegen Gott." 
85. Einmal ist keinmal. 
Äies ist das erlogenste und schlimmste unter allen Sprichwörtern, 
und wer es gemacht hat, der war ein schlechter Rechenmeister, oder ein 
boshafter. Einmal ist wenigstens einmal, und daran läßt sich nichts 
abmarkten. Wer einmal gestohlen hat, der kann sein Leben lang
	        
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