Full text: Der Westphälische Kinderfreund

2Q I. Erzählungen 
(War das gut?) Da Stephan sah, daß die Geselle» 
beständig die Tabackspfeife im Munde halten, so glaubte 
er, das Tabacksrauchen gehöre ebenfalls zu den Eigen¬ 
schaften eines guten Maurers. Ar schaffte sich also bald 
eine Pfeife an. Aber er mußte viel ausstehen, ehe er 
es dahin brachte, mit Fertigkeit zu rauchen. Oft wurde 
ihm so übel und weh, daß er den Taback gar ntchr wie¬ 
der anzurühren beschloß, allein die Neckereien seiner Ka¬ 
meraden brachten ihn immer wieder dahin, daß er es aufs 
neue versuchte, und endlich waren die Schwie.igkeiten 
überwunden. (War er deßwegen glücklich zu preisen?) 
Nun hielt sich Stephan im Ernst für einen ganzen Mann, 
weil er alles mitmachen konnte, was die anderen mach¬ 
ten. — Aber nach einiger Zeit schien er nicht mehr recht 
gesund zu seyn. Die frische, rothe Gesichtsfarbe, die er 
sonst gehabt hatte, verlor sich; er ward blaß und mager, 
war immer träge und verdrossen, und hatte keine Lust 
zum Essen, ja er konnte sogar rnanche Speisen nicht mehr 
verdauen, die ihm sonst recht gut bekommen waren. 
Bald that ihm der Kopf weh, bald hatte er Leibschmer¬ 
zen, und oft zitterten ihm Hände und Füße. (Was war 
wohl die Ursach, daß Stephan so sehr abnahm und so 
schwach wurde?) Unverständige Leute riethen seinen El¬ 
tern , daß sie ihrn doch bisweilen ein wenig Branntwein 
geben möchten. (Warum war dieß kein guter Rath?) 
Sie thaten es, weil sie hofften, ihn dadurch zu stärken; 
aber sie schwächten ihn nur noch mehr, und Stephan 
mochte nicht gestehen, was für eine unordentliche Lebens¬ 
art er seit einiger Zeit gessrhrt hatte. (War es ein Wun¬ 
der, daß Stephan nie wieder recht gesund wurde?) 
Das war noch nicht alles Böse, wozu sich der leicht¬ 
sinnige Stephan verführen ließ. An einem Sonntage, 
als er nicht wußte, womit er sich die Zeit vertreiben soll¬ 
te, sah er einige Kameraden in ein Wirthshaus geben, 
wo Musik gemacht wurde. Da gehr es lustig zu, dach, 
te Stephan, und ging hinein. Einige seiner Kamera¬ 
den saßen da in einer niedrigen Stube, deren Wände von 
Tabacksdampf ganz schwarz aussahen, an einem langen 
Tische, und zechten tüchtig. Von den vielen brennenden
	        
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