Full text: Neuer Kinderfreund für sächsische Volksschulen

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Erste Abtheilung 
und Molk an der Donau. Aber so wie mit jedem Augen¬ 
blick diese nördliche Welt mit frischerem Morgenroth über¬ 
strömt wird, treten dir bestimmter hervor die Hügelrücken, 
die Gebirgsketten, die schimmernden Flüsse, die Städte 
und übrigen Wohnplätze. Tritt der Tag nun lichter herauf, 
kürzen sich die Alpenschatten um dich her, dann breitet 
sich der weite Attersee und der Gmündersee, der hintere 
und vordere Lambathsee und der Attersee zu deinen Füssen 
aus, häufig durch zwischentretende Felsen so oder so in 
mehrere Stücke getheilt, so dass diese fünf Seen wohl als 
zwölf grosse Spiegel erscheinen. Diesen ungeheuern Gesichts¬ 
kreis von den Hügeln an der Isar bis gegen Wien bin an 
die Berge von Marbach und Molk an der Donau, dies aus¬ 
gebreitete Schaustück von Städten und Märkten, von Schlös¬ 
sern und Dörfern, dieses Heer von Seen im Vorgrunde mit 
einem Blick zu überschauen, welch’ ein Zaubergemälde! — 
Nur in den Voralpen, und vorzüglich hier nur und auf dem 
Schafberge, ist das möglich; darum heisse der Kranabit- 
sattel der Rigi des deutschen Landes. 
Guts Muths. 
83. Der Pilger. 
In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein 
Stein auf dem andern geblieben ist, lebte einst ein sehr reicher 
Ritter. Er verwandte sehr viel Geld darauf, sein Schloß 
recht prächtig auszuzieren; den Armen aber that er wenig 
Gutes. Da kam nun einmal ein armer Pilger in das Schloß 
und bat um Nachtherberge. Der Ritter wies ihn trotzig ab 
und sprach: „Dieses Schloß ist kein Gasthaus." Der Pilger 
sagte: „Erlaubt mir nur drei Fragen, so will ich wieder 
gehen." Der Ritter sprach: „Auf diese Bedingung hin mögt 
ihr immer fragen. Ich will euch gern antworten." Der 
Pilger fragte ihn nun: „Wer wohnte doch wohl vor euch in 
diesem Schlosse?" „Mein Vater!" sprach der Ritter. Der 
Pilger fragte weiter: „Wer wohnte vor eurem Vater da?" 
„Mein Großvater!" antwortete der Ritter. Und wer wird 
wohl nach euch darin wohnen?" fragte der Pilger weiter. 
Der Ritter sagte: „So Gott will, mein Sohn." „Nun," 
sprach der Pilger, „wenn Jeder nur seine Zeit in diesem
	        
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