Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

mirunter’mLeibe weg.“ — „0 Gott! ‘ 
sprach Hans und sahe Töffel an 
und fühlte sich nach seinem Bein, 
„Mein’Seel’! ich werde kein Soldat 
und wandre lieber hinter’m Pflug ; 
da sing’ ich mir die Arbeit leicht 
und spring’und tanze wie ein Hirsch 
und lege, wenn der Abend kommt, 
mich hinter’n Ofen auf die Bank. 
Doch kommt der Schelm-Franzos 
zurück, 
der uns die besten Hühner stahl 
und unser Heu und Korn dazu, 
dann nehm’ ich einen rothen Kock 
und auf den Buckel mein Gewehr ; 
dann komm’ nur her, du Schelm- 
Franzos!“ 
„Hans,“ sagte Töffel, „lang’ einmal 
die Kiepe her, die hinter dir 
im Riedgras steht, und gieb dem 
Mann 
von unserm Käs’ und Butterbrot. 
Ich samml’ indessen dürres Holz ; 
denn sieh, das Feuer sinket schon.“ 
186. Matthias Claudius' Vermächtniß an seinen 
Sohn Johannes. 
Gold und Silber habe ich nicht, was ich aber habe, 
gebe ich dir. 
Lieber Johannes. 
Die Zeit kommt allgemach heran, daß ich den Weg gehen muß, 
den man nicht wieder kommt. Ich kann dich nicht mitnehmen und 
lasse dich in einer Welt zurück, wo guter Rath nicht überflüssig ist. 
Niemand ist weise vom Mutterleibe an. Zeit und Erfahrung 
lehren hier und fegen die Tenne. 
Ich habe die Welt länger gesehen als du. 
Es ist nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzet, und ich habe 
manchen Stern vom Himmel fallen und manchen Stab, auf den man 
sich verließ, brechen sehen. 
Darum will ich dir einigen Rath geben und dir sagen, was ich 
funden habe, und was die Zeit mich gelehret hat. 
Es ist nichts groß, was nicht gut ist; und ist nichts wahr, was 
nicht bestehet. 
Der Mensch ist hier nicht zu Hause, und er geht hier nicht von 
ungefähr in dem schlechten Rock umher. Denn stehe nur: alle andren 
Dinge hier, mit und neben ihm, sind und gehen dahin, ohne es zu 
wissen ; der Mensch ist sich bewußt, und wie eine hohe bleibende Wand, 
an der die Schatten vorüber gehen. Alle Dinge mit und neben ihm 
gehen dahin, einer fremden Willkür und Macht unterworfen; er ist sich 
selbst anvertraut und trägt sein Leben in seiner Hand. 
Und es ist nicht für ihn gleichgültig, ob er rechts oder links gehe. 
Laß dir nicht weismachen, daß er sich rathen könne und selbst 
seinen. Weg wisse. 
Diese Welt ist für ihn zu wenig, und die unsichtbare siehet er 
nicht und kennet sie nicht.No full text available for this image
	        
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