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Empfindungen vergleichen läszt. Dann war er der Sohn, der
verzweifelnd zu den Füszen seines Vaters liegt, oder der treue
Diener, der zu seinen Füszen fleht. Denn unerschütterlich war
seine Ueberzeugung, dasz man durch Bitten und Mahnen auf
Gottes Entschlüsse einwirken könne. Und so wechselte in
seinem Gebet Ergusz der Empfindungen mit Klage, ja mit ernsten
Vorstellungen. Es ist oft berichtet, wie er den todkranken
Melanchthon im Jahre 1540 zu Weimar wieder zum Leben
brachte. Als Luther ankam, traf er Magister Philippus im
Verscheiden, ohne Besinnung, mit gebrochenen Augen. Luther
erschrak gewaltig. Dann kehrte er der Gesellschaft den Bücken
und trat zum Fenster, wie er gerne that, wenn er betete. „All-
bier", sagt dann Luther selbst, „muszte mir unser Herr Gott
herhalten; denn ich hielt ihm alle Verhetzungen des Gebets
vor, die ich aus der heiligen Schrift zu erzählen wuszte, so dasz
er mich anhören muszte, wenn ich anders seinen Verhetzungen
trauen sollte."' Darauf faszte er Melanchthon bei der Hand:
„Seid getrost, Philipp, ihr werdet nicht sterben !" Und Melanch¬
thon fing unter dem Zauber seines starken Freundes zur Stelle
an, Athem zu schöpfen, und erhielt die Besinnung wieder. Er
wurde hergestellt.
215. Der Schiffsbrand.
Weithin wogte das prächtige majestätische Meer. Der Rand desselben
war mit einem langen, dunklen Streifen eingefaßt, dessen Oberfläche rosen¬
farben erglänzte; das war die im letzten Schimmer der Abendröthe er¬
glühende Küste von Biscaya. Aus den Wellen schaukelte sich der stolze
Rumpf einer Fregatte; von ihrem großen Mast wehte der königliche Wimpel,
von ihrer Gaffel die blutrothe Danebrogsflagge mit dem weißen Kreuz.
Von dem Verdeck bis zu den Oberbramstengen war das Schiff mit
seinen Segeln bedeckt; aber der schwache Hauch des Windes hielt sie kaum
gefüllt, und nur langsam bewegte sich das Schiff der fernhin winkenden
Küste entgegen. Die Seitcnborde waren mit einem glänzenden schwarzen
Lack überzogen, dazwischen liefen zwei weiße Linien in zierlicher Wölbung
zur Schanze; es waren die Einfassungen der Kanonenpforten, die geöffnet
waren und fünfzig Feuerschlünde zeigten, welche hell erglänzten im schei¬
denden Abendlicht. „Atalante" hieß die Fregatte. Aus den erleuchteten
Fenstern tönte fröhliches Geschwätz ; es schallte von der Tafel des Kapitäns
her, der seine Offiziere zu einem fröhlichen Banket um sich versammelt hatte.
Jetzt ertönte die silberne Pfeife des Hochbootmanns, und gleich darauf
wurde es lebendig auf dem Verdeck. Aus den Masten und aus den Schan¬
zen kamen sie herbei und sammelten sich am Backbord des Mitteldecks. Hier
stellten sie sich nach der bestimmten Ordnung aus, je acht Mann um eine
Schüssel; nachdem diese gefüllt war, begaben sie sich nach den ihnen ange-