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dir sterben!" war die Antwort der Krieger. Mit dem Rufe: „Vor¬
wärts !" und indem er seine Tabackspfeife hoch in die Luft schleudert, giebt
Seydlitz das Zeichen zum Angriffe und dringt an der Spitze seiner trefflichen
Reiterscharen unwiderstehlich in die Haufen der daherziehenden Feinde ein.
Ehe dieselben sich irgendwo zu einer Schlachtlinie sammeln können, werden sic
bald hier, bald dort von den stürmenden Reitern über den Haufen geworfen.
Alles wendet sich zur Flucht, in einem tiefen Hohlwege aber fällt eine große
Zahl der Feinde den Preußen in die Hände. Friedrich hat unterdessen sein
Fußvolk nebst dem Geschütz gegen die feindliche Infanterie vorrücken lassen
und auch diese bald in gänzliche Verwirrung gebracht. Jetzt kommt
Seydlitz derselben von der anderen Seite in den Rücken: auch hier staubt
alles in wilder Flucht aus einander, und Scharen von Gefangenen fallen
den Preußen in die Hände. In kaum zwei Stunden ist der wichtige Kampf
entschieden, bei einbrechender Dunkelheit die ganze feindliche Armee auf
eiligem Rückzüge begriffen. Ein Schrecken ohne Beispiel war über die
hochmüthigen Franzosen gekommen: so prahlerisch sie gewesen, ebenso feig
und kleiumüthig zeigten sie sich jetzt. In Sturmeseile ging es zurück an
den Rhein, und an ein Stillstehen der muthlosen Scharen war nicht mehr
zu denken, bis sie sich jenseits des Rheinstromes vor Friedrich's Verfolgung
sicher wußten. Der König aber dachte nicht daran, ihnen nachzueilen; denn
er hatte bald wieder auf einer anderen Seite zu thun. Er ließ sich an dem
schönen Siege genügen, der ihm 7000 Gefangene, 63 Kanonen und
22 Fahnen in die Hände geliefert. Dabei war bei weitem nicht einmal
seine ganze Armee zum Schlagen gekommen: nur sieben Bataillone der
Infanterie hatten am Kampfe theilgenommen, zehn Bataillone hatten
keinen Schuß gethan. Friedrich sagte seiner ganzen Armee am folgenden
Tage feierlich Dank für ihre herrliche Kriegsthat; der ritterliche Seydlitz,
dessen stürmischem Vordringen vor allem der Sieg zu danken war, sah sich
vom Könige durch die höchste Auszeichnung, den schwarzen Adlcrorden, ge¬
ehrt und wurde sofort zum Generallieutenant gemacht.
Jetzt war in der preußischen Armee die Erinnerung von Collin wie¬
der verwischt: der Tag von Roßbach war der herrlichste Ehrentag, den das
königliche Preußen noch gehabt, ja es war ein Ehrentag für ganz Deutsch¬
land, und so wurde er auch in allen deutschen Gauen, mit Ausnahme
Oesterreichs, aufgefaßt. Es war noch nicht lange her, daß der Ruhm der
französischen Heere ganz Europa in Staunen und in Furcht gesetzt hatte,
und Deutschland besonders hatte unter dem Uebermuth der siegreichen Fran¬
zosen schwer geduldet. Jetzt hatte der Fürst eines verhältnißmäßig kleinen
Staates, der geringschätzig sogenannte Marquis von Brandenburg, obwohl
er von Oesterreich und dessen anderen Bundesgenossen ringsum hart bedrängt
war, doch die alten Erbfeinde des deutschen Reiches ruhmvoll auf's Haupt
und in die Flucht geschlagen. Alle echt deutschen Herzen jubelten auf, das
deutsche Nationalgefühl begann sich hoffnungsvoll zu regen, und immer leb¬
hafter wurde die Theilnahme für den großen deutschen Helden. Das Volk
sang überall: