272 - —
ihm ble Staatsgeschäfte übrig ließen, widmete er der Musik und wissen¬
schaftlicher Beschäftigung. Auch als Schriftsteller erwarb er sich Ruhm.
Während der Mahlzeit unterhielt er sich mit den gebildetsten seiner Offiziere
und berühmten Gelehrten, aus denen er seine Tischgesellschaft wählte. Da
war er in witzigen, sinnreichen Reden unerschöpflich. Jedes Jahr bereiste
er die Provinzen, um die Truppen zu mustern und zugleich nach allem in
der bürgerlichen Verwaltung zu sehen. Hohe und niedere Beamte mußten
da Rechenschaft über ihre Thätigkeit geben, und damit auch die Zeit, welche
der König aus der Landstraße zubrachte, nicht unbenutzt bleibe, mußten die
Landräthe und Amtleute neben seinem Wag^n herreiten und ihm von dem
Zustande der Kreise und Ortschaften erzählen. Auch Kaufleute und Ge¬
schäftsmänner sah er gerne, um sich bei ihnen nach den Gewerbsverhält-
nissen und dem Gange des Handels zu erkundigen. Mit Bauern und ge¬
ringen Leuten redete er freundlich und treuherzig, und alle Stände hatten
sich der Hülfe und unermüdeten Fürsorge ihres Königs zu erfreuen.
Nach dem siebenjährigen Kriege war seine erste Sorge darauf gerichtet,
die Wunden zu heilen, welche der Kampf seinem Lande geschlagen hatte.
Das Getreide, welches er schon für den nächsten Feldzug hatte aufkaufen lassen,
vertheilte er als Saatkorn unter die verarmten Landleute, und die Pferde,
die für das Geschütz und Gepäck bestimmt waren, gab er für den Ackerbau
her. Aus seinen eigenen Ersparnissen baute er die niedergebrannten Ort¬
schaften wieder auf, ließ er nothleidenden Gegenden Geldunterstützungen
zufließen. Denn für sich selbst brauchte der König sehr wenig ; seine Lebens¬
weise, seine Kleidung war höchst einfach. „Ich bin arm", pflegte er zu
sagen, „aber der Staat ist reich ; mein Schatz gehört nicht mir, sondern dem
Staate." So half er mit freigebiger Hand und unermüdlicher Fürsorge
dem gesunkenen Wohlstände seines Landes wieder auf. Ja, er erhob durch
Herbeiziehung von Ansiedlern, die ganze Strecken wüstliegenden Bodens
urbar machten, durch Unterstützung der Gewerbthätigkeit und des Handels,
durch Förderung der Rechtspflege und der Volksbildung sein Land zu einer
Blüte, wie es sie vorher nie gekannt hatte.
Seinen Unterthanen war Friedrich ein gütiger, leutseliger Herr. Auch
dem Geringsten seines Volkes bewies er sich freundlich. Als einst auf der
Reise die Pferde gewechselt wurden, drängte sich ein altes Mütterchen dicht
an den königlichen Wagen. „Was wollt ihr?" fragte der König. „Nur
Ew. Majestät Angesicht sehen, sonst nichts weiter", erwiderte die Alte. Der
König gab. ihr einige Friedrichsd'or und sagte: „Seht, liebe Frau, auf diesen
Dingern könnt ihr mich ansehen, so oft ihr wollt." — Freimüthige Reden
nahm der König nicht übel, auch ein dreistes Wort ließ er sich gefallen, wenn es
nur treffend war. Einen Soldaten, dessen Gesicht mehrere tiefe Narben
hatte, die er bei Collin erhalten, fragte er bei der Musterung : „In welcher
Bierschenke hast du dir denn die Hiebe geholt?" — „Bei Collin", war die
Antwort, „wo Ew. Majestät die Zeche bezahlt haben." Freilich durfte
die Dreistigkeit nicht in Unbescheidenheit ausarten. Ein junger Landrath
hatte einst gemeldet, daß sich in seinem Kreise ganze Scharen von Heu-