Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

493 
Deutschland war zu jener Zeit nichts dergleichen zu finden. Als der große Kur¬ 
fürst von Brandenburg alle diese Sammlungen sah, ward er so entzückt, daß er 
noch zwei kostbare Achatsteine hinzufügte, „so beide lieblich anzuschauen",— 
Daneben war der Herzog ein großer Freund der Mathematik und hatte durch 
einen Mechaniker Andreas Büsch ans Limburg einen großen Globus verfertigen 
lassen, der das Wunderwerk des Jahrhunderts genannt wurde. Es stellte die 
Sonne mit allen damals bekannten Planeten dar und wurde von dem Wasser 
einer starken Quelle getrieben, so daß sich ebenso regelmäßig wie am Himmel der 
Wechsel und Umlauf der Gestirne alle 24 Stunden wiederholte. Fremde Be¬ 
schauer wurden ganz von Bewunderung über das einzige Kunstwerk hingerissen, 
und auch der große Kurfürst beobachtete mit großem Erstaunen stundenlang die 
Bewegung der Gestirne, äußerte an allem sein besonderes Gefallen und bedauerte 
nur, daß er einen so kunstliebenden Herrn bekriegen müsse. So war es dem Herzog 
gelungen, mit Hülfe ausgezeichneter Männer unter den schwierigsten Zeitverhält¬ 
nissen sein Schloß zu einem Glanze zu erheben, der alle anderen überstrahlte. 
Aber auch für sein Land sorgte er mit gleicher Liebe und Ausdauer; die Stadt 
Schleswig erweiterte er durch einen ganzen Stadttheil (Friedrichsberg); eine neue 
Stadt wurde an der Eider gegründet und nach seinem Namen genannt. Er ge¬ 
dachte „Friedrichsstadt" zu einem großen Stapelplatze zu machen und den Seiden- 
baudel von Persien über Rußland nach Schleswig zu leiten. Zu diesem Zwecke 
sandte er eine mit vielen Kosten ausgerüstete Gesandtschaft nach Persien, an der 
viele berühmte Leute theilnahmen; unter andern der Arzt Paul Flemming, der 
Verfasser des schönen Liedes: In allen meinen Thaten. — Auf alle Weise be¬ 
förderte er die Bildung des Volkes, und unter seiner Regierung lebten viele aus¬ 
gezeichnete Männer im Lande. Durch seine geistlichen Gesänge, von denen mehrere 
in unserem Gesangbuche stehen, erlangte großen Ruhm Johann Rist, Prediger 
in Wedel. Dev Bürgermeister in Husum Dankwerth und Johann Meier gaben 
mit vielen Kosten eine schleswig-holsteinsche Landesbeschreibung mit vielen Karten 
und Grundrissen heraus, ein Werk, wie es zu der Zeit kein Land aufzuweisen 
hatte. Die Schulen blühten auf und wurden von dem Herzoge bedeutend ge¬ 
fördert. Er erhob das Gymnasium zu Bordesholm zu einer hohen Schule und 
ließ die Zöglinge auf seine Kosten studieren. Damit noch nicht zufrieden, faßte er 
den Plan, im eigenen Lande eine Universität zu errichten. Aber die Stände wollten 
lieber das gedeihliche, aber kostbare Werk wegen der Lasten des Krieges auf andere 
Zeiten verschieben. Dennoch hielt der Herzog seinen Plan fest und wurde nur 
durch Krieg und seinen Tod an der Ausführung gehindert. 61 Jahr alt starb er 
im Jahre 1659, nachdem er 43 Jahre die Regierung zum Wohle des Landes 
ruhmvoll geführt hatte; alle seine Zeitgenossen, fremde wie einheimische, waren 
seines Ruhmes voll. — Seinen Lieblingsplan hat dann später sein Sohn Christian 
Albert ausgeführt; die Schule in Bordesholm ward aufgehoben und die reichen 
Einkünfte derselben der neuen Universität zu Kiel zugewiesen. Am 5. October 
1665 war der Tag der Einweihung. Christian Albert und seine Brüder, der ge¬ 
summte Adel, auch Vertreter der Städte waren in Kiel erschienen, um der Feierlich¬ 
keit beizuwohnen. 
18. Aufhebung der Leibeigenschaft. 
Während in dem größten Theile des Landes, in Stormarn, dem alten Hol¬ 
stein, in Ditmarsen, im Amte Cismar, in Nordfriesland, in Nordschleswig, die 
Bauern von jeher, soweit die Geschichte reicht, als freie Herren auf ihrem Grund 
und Boden saßen, unterlag der Bauernstand in Wagrien, Dänisch Wold und einem 
Theile von Angeln dem Druck des Adels und der Macht der katholischen Geistlichkeit. 
Allmählich bildete sich in jenen Gegenden eine Art von Dienstbarkeit des Ge¬ 
ringeren gegen den Angesehneren und Mächtigeren aus, um gegen Dienste und 
Abgaben in schlimmen Zeiten Schutz zu gewinnen. Bald aber wollten sich die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.