nicht bloß für 30, sondern für 1000 und 100 Silberlinge. Und bei
solchem Unfuge schweigen die Prälaten wie stumme Hunde. Dort am
päpstlichen Hofe wird alltäglich von Schlössern, Ländereien, Städten,
Waffen, Gewinnen verhandelt, aber selten von Keuschheit, Barmherzigkeit,
Gerechtigkeit, Glauben, heiligen Sitten, so daß der Hof, der sonst ein
geistlicher zu sein pflegte, ein weltlicher, teuflischer, tyrannischer geworden
ist und schlechter in Sitten, auch in bürgerlichen Handlungen, als ein
weltlicher Hof". Der Deutsche Thomas Murner schrieb: „Mit Pfründen
ist ein großer Kauf. Die römische Kurie ist nichts als ein großer Markt.
Geld löst dort alle Schwierigkeiten. Wer Geschenke bringt, gegen den
ist Rom nicht karg. Als numen (göttliches Wesen) dient der nummus,
(Me Münze); mehr als Markus (der Evangelist) gilt die Mark, und
minder berühmt ist die ara (der Altar), als die arca (Truhe)." Burkard
Waldis bemerkte mit beißendem Spotte: „Man sage wohl, in Rom schade
einem keine Sünde, nur müsse man Geld haben; kein Geld haben, das
sei die allergrößte Sünd', die der Papst selbst nit vergeben künt!" Diese
Klagen waren durchaus berechtigt. Der Papst bezog von den erledigten
Stellen der Bischöfe und Erzbischöfe stets die Einkünfte des ersten Halb¬
jahrs nach der Wiederbefetznng und außerdem noch große Summen für
die Zusendung des Ehrenzeichens der Bischöfe, welches Pallium hieß.
Das Palliengeld für das Erzbistum Köln betrug 20,000 Gulden. Gegen
300,000 Gulden flössen so alljährlich nach Rom; dazu mußten die päpst¬
lichen Gesandten in Deutschland aufs Glänzendste verpflegt werden. Auch
über die Verweltlichung der Geistlichkeit klagte man sehr; so schreibt
Nicolaus Clemanges (1360—1425), der Gebeimschreiber Benedict's XIII.:
„Ist heutzutage jemand träge und zum Müßiggang geneigt, so eilt er,
ein Priester zu werden. Sobald dies Ziel erreicht ist, besuchen sie
Schänken, wo sie die Zeit mit Trinken, Fressen und Spielen verbringen,
im Rausche fechten, schreien und toben und den Namen Gottes und der
Heiligen mit unreinen Lippen lästern, bis sie von ihren Buhlerinnen weg
zum Altare gehen. — Viele Bischöfe haben nie ihre Städte gesehen, nie
ihre Kirche betreten, nie ihre Gemeinden besucht. Andre sind in ihren
Sprengeln anwesend, verwenden aber ganze Tage und Nächte auf Jagd,
Tanz, Spiel und Gastmähler. Die Mönche sind Pharisäer, falsche Apostel
und reißende Wölfe. Von den Nonnen das zu sagen, was gesägt werden
könnte, verbietet Die Schamhaftigkeit." Die Klöster, früher die Stätten
der Bildung und Ehrbarkeit, waren jetzt zu Sitzen der Schwelgerei und
Unzucht herabgesunken.
II. Johann Kn-,
l. Wie Hus gegen die Mißbrauche in der Kirche
ankämpfte.
Johann Hus stammte aus Hnssinec im südlichen Böhmen. Früh¬
zeitig wurde er Professor an der Universität zu Prag, darauf Prediger