ihn standen seine Freunde und Sklavinnen und weinten. Tief im Schoße
des Meeres hörte Thetis die Silage ihres Sohnes; da hub sie selbst an
bitterlich zu schluchzen und rief unter heißen Tränen: „Weh mir! Ich
arme Mutter! Ich gebar den trefflichsten Sohn, den tapfersten und
schönsten aller Jünglinge, nur damit er in der Blüte der Jahre dahin¬
sterbe! Und nicht einmal die kurze Frist, die ihm beschieden ist, darf
. er sich des Lebens freuen! Nichts als Leid und Qual muß er erdulden!"
Dann stieg sie zum Gestade empor und eilte zu ihrem Sohne. „Mein
süßes Kind," rief sie jammernd, „warum weinest du? Wer hat dich
schon wieder betrübt?" Lange konnte Achilleus vor Schluchzen nicht
reden; endlich begann er: „O meine Mutter, warum hast du mich ge¬
boren? Mir wäre besser, ich hätte nie das Sonnenlicht erblickt. Wisse!
Mein trauter Patroklus ist gestorben, und Hektor hat ihn erschlagen!
Ach, und nun hat der Mörder sogar meine trefflichen Waffen geraubt.
Wie soll ich nun meinen geliebten Freund an ihm rächen? Weh mir,
warum saß ich hier in kindischem Groll bei den Schiffen und ließ ihn
ohne Schuh in die grimmige Schlacht ziehen? Verflucht sei der Zorn,
der mich verblendete!" Dann faßte er sich plötzlich und sprach: „Liebe
Mutter, ich muß meines Freundes Ermordung rächen! Hektor darf
nicht länger am Leben bleiben." Da klagte die Mutter: „Ach, mein
Sohn, weißt du denn nicht, daß das Schicksal dir gleich nach Hektars
Ende zu fallen beschieden hat?" „Ich weiß es," entgegnete der Held
feierlich, „dennoch sollst du mir den Kamps nicht wehren. Mein Los
falle mir, wie die Götter wollen, der Mörder meines Patroklus darf
nicht leben!" Mit schwerem Herzen sprach Thetis: „Es geschehe dein
Wille! Und vernimm: morgen, ehe die Sonne aufgeht, bringe ich dir
neue Waffen. Ich eile zu Hephästus, dem kunstreichen Gotte, und bitte
ihn, dir eine glänzende Rüstung zu schmieden. Bis ich wiederkomme,
warte noch hier!" So sprach die Göttin, dann verschwand sie.
Kaum hatte Thetis den Sohn verlassen, da erschien die schnelle
Götterbotin Iris vor Achilleus und sprach zu dem trauernden Helden:
„In großer Not steht Ajar vor dem grimmigen Hektor, der mit
vielen Trojanern ihm den Leichnam deines Freundes abjagen will.
Dicht am Lagerwall ist ein furchtbares Gewühl; kaum vermag Ajar vor
Feinden sich den Rückweg zu erzwingen. Auf, eile auf den Wall und
schrecke die Trojaner durch deinen Ruf zurück, damit nicht dein toter
Freund in ihre Hände falle!" Da erhob sich der Held unbewaffnet,
wie er war, und lief auf den Wall. Dort stieß er einen dreimaligen