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Erste Abtheilung.
ganz unmöglich, die versäumte Schule und Jugendzeit
wieder zurückzurufen. Das versäumte Grite noch nach,
zuholen, ist oft unmöglich, oder doch.sehr schwer.
Nach diesen Vorbereitungen übte nun der Lehrer sei¬
ne Schüler. Er las ihnen Zuweilen selbst Etwas vor
und die Aufmerksamen brachten es dahin, daß sie die
Stimme zur rechten Zeit erhoben und fallen ließen, ge-
hörig inne hielten, den Haupttou auch auf die Wörter
legten, wohin er gehörte, und Jedermann hörte ihnen
mit Vergnügen zu, wenn sie etwas herlasen, oder eine
Aufgabe hersagten. Auch bemerkte man, daß diese
Kleinen es wohl verstanden, was in einem Lesestücke
für Empfindungen ausgedrückt werden sollten. Sie
mußten zwar wenn sie sprachen oder vorlasen, in der
Stimme und dem Tone alles Gezierte (Affektirte), Ge-
künstelte, Unnatürliche, Uebertriebenej vermeiden; wo
einfache Erzählungen waren, da durften sie keine leb-
haften Gefühle ausdrücken; aber auch bey Klagen nicht
mit einer widerlich weinerlichen, und wo Freude herrsch,
te, nicht mit einer wild lustigen Stimme lesen. Aber
doch hörte man einen Unterschied in den verschiednen
Lesestücken. Z. B. bey Bitten und Liebkosungen lasen
sie sanft schmeichelnd. Gute Mutter, hast du uns lieb ?
Liebes Rvthkehlchen, fliege mir ja nicht fort. Bey frem¬
den oder eigenem Unglück hörte man das Gefühl der
Wehmuth: Ach wir haben Vater und Mutter verloren!
Armer Knabe,! was wirst du nun anfangen? Ach! ich
beklage dich. Bey Vermahnungen und Warnungen
vernahm man Ernst: Fritz! schlage nicht, ich sage es
sogleich -em Vater. Verschiebt ja die Arbeit nicht! —
Bey fröhlichen Begebenheiten las man lebhafter:
Kommt, kommt Kinder, der Vater ist vom Jahrmarkt
zurück. — Munter aufs Feld, die Früchte stehen herr¬
lich. — Muth und Entschlossenheit drückten sie aus,