Full text: Ein Lesebuch für die 4. und 3. Klasse höherer Mädchenschulen (Teil 3, [Schülerband])

60 [III] 
Fischer. 
Zachur kreuzte die Arme über die Brust, neigte sich tief 
und erwiderte: „Deine Gnade ist Tau auf dürres Land. Aber 
Roß und Wagen, so blink und blank, sollen nicht durch den Staub 
der Vorstädte ziehen." Damit schob er alles ruhig in den Sack 
hinein, neigte sich nochmals bis zur Erde und schritt dann leicht 
und aufrecht dem Thore zu. 
Der Kalif sah ihm kopfschüttelnd nach, ging sinnend heim 
und hängte Zuleika die doppelte Perlenschnur um. Dann ließ 
er seinen Geheimschreiber rufen und sprach: „Nimm eine Schwanen¬ 
feder und ein Blatt des feinsten Pergamentes, und schreibe zierlich 
nieder, was ich dir sagen werde: Die Geschichte Zachurs mit dem 
Sacke!" 
*25. Das Wasser. 
Gottlob, daß unser liebes Vaterland so viele köstliche 
Quellen hat! — wir wissen kaum, wie gut wir daran sind. 
Nicht alle Länder schwimmen in solchem Überfluß, um so höher 
schätzen ihre Bewohner einen frischen Quell. Die alten Perser 
wuschen sich nicht einmal die Hände in einem Bach, um ihn nicht 
zu verunreinigen. Reiche Türken vermachen wohl eine Summe 
zur Einfassung und Überwölbung eines Brunnens am Wege, 
daß die gierige Sonne ihn nicht auflecke, daß der müde Wande¬ 
rer an ihm niedersitzen und schöpfen und trinken und dabei des 
frommen Stifters freundlich gedenken möge. Wenn vom ehernen 
Himmel die große Feuerkugel ihre glühenden Strahlen senkrecht 
hernieder wirft, wenn von der versengten Erde die zurückprallende 
Hitze fast sichtbar wieder nach oben wallt, wenn kein Lüftchen 
sich rührt, oder der Wind nur Staub, nicht Kühlung bringt, 
wenn die Zunge am Gaumen klebt und der matte Fuß sich nur 
mühsam fortschleppt: wie wohl thut dann den Augen der Anblick 
eines endlich auftauchenden Hains! wie raffen die müden Wan¬ 
derer ihre letzte Kraft zusammen, um den Schatten, den wasser- 
verheißcnden Rasen zu erreichen! wie erquickend weht ihnen der 
feuchte Lebenshauch des kühlen Borns entgegen! wie freudig 
bücken sie sich nieder und saugen in tiefen Zügen das langent¬ 
behrte Labsal ein! Ja, Wasser ist das Beste.
	        
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