23
„Der Harmattan, ein von der großen Sahara kommender, sehr
heißer und trockener Ostwind, welcher an Afrikas Westküste (am Senegal tm
April, in Guinea im Januar) weht, dauert nach Umständen 3 bis 5, zu¬
weilen auch wohl bis 12 Tage an. So lange er wehr, ist die Atmosphäre so
trübe, daß die Sonnenstrahlen kaum zur Mittagszeit ein wenig durchdringen
können; doch sind keine eigentlichen Wolken am Himmel. Das Gras und das
Laub der Bäume werden welk, und sind zulezt so dürr, daß man sie zwischen
den Fingern zerreiben kann. Alles Holzwerk dorrt zusammen, und kleine
Fugen und Ritze werden zu fingerbreiten Spalten, die sich jedoch beim Auf¬
hören des Windes wieder schließen. Dieser Harmattan ist der Gesundheit eben
nicht nachtheilig; doch wird die Haut davon so trocken und spröde, daß sie
aufspringt und Blut fließt. Auch der Schweis ist äußerst scharf, und das
Athemholcn wird so beschwerlich, daß man, wollte man sich dem Winde im
Freien aussetzen, leicht ersticken könnte. Man hält sich daher sorgfältig in den
Häusern verborgen, und sucht sich auf alle Weise gegen ihn zu verwahren. So
lange er weht, hören alle Fieber, Flüsse (Rheumatismen) und mehrere andere
Krankheiten auf. Merkwürdig ist der äußerst feine, fast unmerkliche, bräun¬
liche Staub, welcher in den lezten Tagen des Harmattan aus der tust herab¬
fällt und alles oft linienhoch bedeckt. "
„Don ähnlicher Beschaffenheit, aber dem Menschen nachtheiliger, ist in
Italien und Sizilien der Sciroceo. Er kommt aus der Afrikanischen Westküste,
ist daher eben so heiß wie der Harmattan, besitzt aber wegen der Wasserdünste,
die er bei seinem Wege über das Mittelländische Meer aufgenommen hat, etwas
außerordentlich Ermattendes und Erschlaffendes, so daß die kräftigsten und
gesundesten Menschen abgespannt und niedergeschlagen werden. Man stellt alle
Arbeiten ein, so lange er wehr. In Sizilien ist dieser Wind viel heftiger als
in Neapel, obschon er dort gewöhnlich nur einige Tage und hier dagegen meh¬
rere Wochen anhält. So lange er, besonders in Sizilien, weht, werden
Thüren und Fenster aufs sorgfältigste verschlossen, man hängt in den Zimmern
naß gemachte Decken vor die Fenster und besprengt den Fußboden unaufhörlich
mit Wasser. Es entstehen hier häufige Faulsicbcr, und der schnelle aus den
Sciroceo eintretende kalte Nordwind zieht starke Dcrkühlungen nach sich."
„Ein mit dem Sciroceo sehr verwandter, gleichfalls aus Süden kommen¬
der, warmer und erschlaffender Wind ist der Föhn, welcher meist tm Herbste
und Frühlinge, seltener im Winter und Sommer in den Hochgebirgen der
Schweiz zu blasen, pflegt. Der Eintritt dieses Föhn kündigt sich durch ein
bleiches Ansehen der Sonne, einen farbigen Hof um den Mond, starkes Flimmern
der Sterne, häufige Sternschnuppen, niederfallenden Rauch aus den Schorn¬
steinen, viel Nebel und Höhenrauch an. Beim Blasen des Windes selbst
bemerkt man sowohl in dessen Bewegung, als in der Wärme der bukt eine
große Ungleichheit, so daß, wenn man in einer freien Ebene wandelt, man oft
eine lange Zeit nicht die mindeste Bewegung der Lust wahrnimmt, dann aber
plötzlich bald kühl, bald warm, wie aus einem geheizten Zimmer, angehaucht
wird. Der Föhn weht stets von Süden nach Norden, und dauert zuweilen,
nur einige Stunden, in andern Zeiten 8 und mehrere Tage- Die Pflanzen
werden welk, die Thiere unruhig; das Rindvieh will nicht trinken und springt