Full text: Faßlicher Unterricht in der Natur-, Himmels- und Erdkunde (Theil 1)

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„Der Harmattan, ein von der großen Sahara kommender, sehr 
heißer und trockener Ostwind, welcher an Afrikas Westküste (am Senegal tm 
April, in Guinea im Januar) weht, dauert nach Umständen 3 bis 5, zu¬ 
weilen auch wohl bis 12 Tage an. So lange er wehr, ist die Atmosphäre so 
trübe, daß die Sonnenstrahlen kaum zur Mittagszeit ein wenig durchdringen 
können; doch sind keine eigentlichen Wolken am Himmel. Das Gras und das 
Laub der Bäume werden welk, und sind zulezt so dürr, daß man sie zwischen 
den Fingern zerreiben kann. Alles Holzwerk dorrt zusammen, und kleine 
Fugen und Ritze werden zu fingerbreiten Spalten, die sich jedoch beim Auf¬ 
hören des Windes wieder schließen. Dieser Harmattan ist der Gesundheit eben 
nicht nachtheilig; doch wird die Haut davon so trocken und spröde, daß sie 
aufspringt und Blut fließt. Auch der Schweis ist äußerst scharf, und das 
Athemholcn wird so beschwerlich, daß man, wollte man sich dem Winde im 
Freien aussetzen, leicht ersticken könnte. Man hält sich daher sorgfältig in den 
Häusern verborgen, und sucht sich auf alle Weise gegen ihn zu verwahren. So 
lange er weht, hören alle Fieber, Flüsse (Rheumatismen) und mehrere andere 
Krankheiten auf. Merkwürdig ist der äußerst feine, fast unmerkliche, bräun¬ 
liche Staub, welcher in den lezten Tagen des Harmattan aus der tust herab¬ 
fällt und alles oft linienhoch bedeckt. " 
„Don ähnlicher Beschaffenheit, aber dem Menschen nachtheiliger, ist in 
Italien und Sizilien der Sciroceo. Er kommt aus der Afrikanischen Westküste, 
ist daher eben so heiß wie der Harmattan, besitzt aber wegen der Wasserdünste, 
die er bei seinem Wege über das Mittelländische Meer aufgenommen hat, etwas 
außerordentlich Ermattendes und Erschlaffendes, so daß die kräftigsten und 
gesundesten Menschen abgespannt und niedergeschlagen werden. Man stellt alle 
Arbeiten ein, so lange er wehr. In Sizilien ist dieser Wind viel heftiger als 
in Neapel, obschon er dort gewöhnlich nur einige Tage und hier dagegen meh¬ 
rere Wochen anhält. So lange er, besonders in Sizilien, weht, werden 
Thüren und Fenster aufs sorgfältigste verschlossen, man hängt in den Zimmern 
naß gemachte Decken vor die Fenster und besprengt den Fußboden unaufhörlich 
mit Wasser. Es entstehen hier häufige Faulsicbcr, und der schnelle aus den 
Sciroceo eintretende kalte Nordwind zieht starke Dcrkühlungen nach sich." 
„Ein mit dem Sciroceo sehr verwandter, gleichfalls aus Süden kommen¬ 
der, warmer und erschlaffender Wind ist der Föhn, welcher meist tm Herbste 
und Frühlinge, seltener im Winter und Sommer in den Hochgebirgen der 
Schweiz zu blasen, pflegt. Der Eintritt dieses Föhn kündigt sich durch ein 
bleiches Ansehen der Sonne, einen farbigen Hof um den Mond, starkes Flimmern 
der Sterne, häufige Sternschnuppen, niederfallenden Rauch aus den Schorn¬ 
steinen, viel Nebel und Höhenrauch an. Beim Blasen des Windes selbst 
bemerkt man sowohl in dessen Bewegung, als in der Wärme der bukt eine 
große Ungleichheit, so daß, wenn man in einer freien Ebene wandelt, man oft 
eine lange Zeit nicht die mindeste Bewegung der Lust wahrnimmt, dann aber 
plötzlich bald kühl, bald warm, wie aus einem geheizten Zimmer, angehaucht 
wird. Der Föhn weht stets von Süden nach Norden, und dauert zuweilen, 
nur einige Stunden, in andern Zeiten 8 und mehrere Tage- Die Pflanzen 
werden welk, die Thiere unruhig; das Rindvieh will nicht trinken und springt
	        
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