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Heinr. Stille! stille! Wer könnte einer so rührenden
Warnung widerstehen? Nein! nein! lebt ruhig mit euern
Alten, ihr kleinen Vögelchen, und wenn ihr groß leid, so
singt uns ein Liedchen vom Baume herab! Wem? — Bru¬
der Wilhelm — wird das Liedchen dann aber gelten, mir
oder dir?
Wirst du gewarnt, deinen bösen Hegierden böswillig
zu folgen;
achte des Mahnenden Rath, ehe dich reuet die That.
8t. Das Christgeschenk.
Fritz (Lrr seiner ältern Schwester neugierig und zu¬
dringlich). Was hast du in deiner Schürze, Lorchen?
Lore Da bist du wieder neugierig. — Willst du es
vielleicht tragen?
Fritz. Recht gern, gib her! aber sage, was ist's?
Lore. Soll ich dir denn deine Christtags-Ueberraschung
verderben?
Fritz. Wie? was? ein Christgeschenk für mich?
Lore. Nicht anders! Oder glaubst du Mir nicht?
Fritz. Glaub' ich dir nicht Alles? Aber laß doch sehen,
laß sehen! was ist es?
Lore. Ei! so leicht erfährst du es nicht. Aber kannst
du's errathen?
Fritz. Vielleicht! — Einen neuen Rock?
Lore. Hast du denn nicht Röcke genug?
Fritz. Das wol; aber wer bekommt leicht zu viel? —
Eine Mütze?
Lore. Auch nicht. Weiter gerathen!
Fritz. Wäre es nicht klüger, du sagtest mir's kurz und
gut? — Ich errath' es nun doch nicht.
Lore. Je nun, so warte bis zum Christtage!
Fritz. Ach! kannst du mich so quälen mit deiner ge¬
schwätzigen Verschwiegenheit?
Lore Und kannst du mich so martern mit deiner zu¬
dringlichen Neugier? Merkst du denn nicht, daß es vor
der Hand ein Geheimniß für dich sein soll?
Fritz. Und wer hat es denn zum Geheimnisse gemacht?
Lore. Wer anders, als der Vater!
Fritz. Nun, der Vater soll es gewiß nicht erfahren, daß