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großer Entfernung, am Himmelsgewölbe und vor entferntem
Bergen erscheint die Luft hell und blau. Die Luft ist feiner,
leichtflüssiger und durchsichtiger als das Wasser. An und für
sich hat sie keinen Geruch, keinen Geschmack und keine Farbe.
Setze ich ein umgekehrtes Glas mit seinem Rande auf die
Wasserfläche und drücke es dann ins Wasser, so tritt das Was¬
ser etwas in das Glas hinein und preßt also die Luft zusammen;
sobald man aber die Hand zurückzieht vom Glase, dehnt sich die
Luft wieder aus und wirft das Glas in die Höhe. Eine mit
Luft angefüllte Blase kann ich zwischen den Händen ziemlich
flach zusammendrücken; wenn ich hingegen aufhöre zu drücken,,
so dehnt sich die Luft wieder aus, und die Blase ist wie vorhin.
Jederzeit, wenn die Luft zusammengedrückt wird, so strebt sie,
sich wieder auszudehnen und den früheren Raum einzunehmen;-
sie ist also elastisch.
Wird eine leere Flasche genau gewogen, dann die Luft her--
ausgetrieben, und die Flasche fest verschlossen; so wiegt das Ge¬
säß nicht so viel als vorhin. Obschon der Unterschied im Ger-
wichte nur wenig beträgt, so ist dennoch dadurch bewiesen, dass
die Luft Schwere hat. Denkt euch einen hohen, ganz mit Flaum¬
federn gefüllten Kasten. Die Federn sind, ohne daß man sie
drückte, hineingethan worden. Steckt ihr nun die Hand durch
einen Schieber, der unten angebracht ist, in die Federn, so wer¬
det ihr euch überzeugen, daß sie am Boden weit dichter liegen
als oben am Kastendeckel. Das ist nicht schwer zu erklären.
Wie gering auch das Gewicht der obern Federschicht ist, so drückt
sie dennoch auf die darunterliegende, dann die zweite mit der
obern schon mehr aus die dritte-rc.; es sind also die untern
Schichten von dem Gewichte aller obern am meisten gedrückt, und
cs müssen dort die Federn dicht zusammengedrängt sein. Gerade
so ist es mit der ganzen, über der Erde befindlichen Luft; ihre
untere Schicht ist dichter als die höhere; überhaupt drückt die
Luft durch ihre Schwere bedeutend auf die Erde und alle auf ihr
befindlichen Gegenstände. Verstopft man eine leere Flasche in einem
niedrigen Thale recht fest, nimmt sie mit auf einen hohen Berg und
öffnet sie.da, so strömt Luft aus der Flasche; verstopft man aber
die Flasche auf dem Berge und öffnet sie hernach im Thale so dringt
Luft in die Flasche hinein. Je höher man nämlich auf Bergen steigt,
desto dünner und. leichter'wird die Luft, und am niedrigen Meeres¬
ufer ist sie am dichtesten. Daher kommt es auch, daß auf mäßi¬
gen Bergen von 1000 oder einigen 1000' Höhe leichter zu ath¬
men ist als in der Tiefe. Auf sehr hohen Bergen aber wird
die Luft^zu dünn und zwingt den Menschen zum schnellen, hef¬
tigen Athmen, was der Lunge gefährlich ist. Rüstige Wanderer
die den höchsten Berg Europa's, den Montblanc, erstiegen, hiel¬
ten nicht lange da droben aus; die zu leichte scharfe Luft, die
ihnen starkes Herzklopfen und Ermattung verursachte, verwundete