fullscreen: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 3)

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orbnung bei ber geschlagenen Armee war, so versuchten dennoch ihre besten 
Truppen unter Begünstigung des Terrains Stand zn halten; allein die 
preußische Artillerie schlug sie bald in die Flucht, und die preußische Kavallerie, 
die auf allen Flügeln eiuhieb, machte immer Gefangene zu Tausenden. Das 
Dragonerregiment von Bayreuth nahm auf einmal zwei ganze Jnfanterie- 
regimenter mit allen Offizieren, Fahnen und Kanonen gefangen. Die öster¬ 
reichische Infanterie machte noch einen letzten Versuch, sich ans einer Anhöhe 
zu formieren; allein der preußische General Wedell griff sie in der Flanke 
und im Rücken zugleich au, und nun hatte alle Verteidigung ein Ende. Nur 
die einbrechende Nacht und die guten Anstalten Nadasdis, der den Rückzug 
des linken Flügels deckte und die Preußen abhielt, sich, ehe es dunkel wurde, 
der Brücken über das Schweidnitzer Wasser zu bemächtige», rettete den Rest 
des Heeres vom gänzlichen Untergange. Bei Kollin war es nicht Kriegskunst 
noch Tapferkeit, sondern die eisenspeienden Maschinen, auf unzugangbare 
Höhen gestellt, die großenteils das Schicksal des Tages bestimmten; bei Lenthen 
aber entschied Taktik und Tapferkeit allein den Sieg. Man machte auf dem 
Schlachtfelde 21500 Gefangene, worunter 307 Offiziere waren, und eroberte 
134 Kanonen nebst 59 Fahnen. Bon den Österreichern waren 6500 tot ober 
verwundet, und 6000 Deserteure gingen nach der Schlacht zu den Siegern 
über. Der preußische Verlust war 2660 Tote und Verwundete. 
8. Der Überfall bei Hochkirch. 14. Oktober 1758. 
Erlebnisse des Stabsfeldpredigers Daniel Küster bei dem Überfall von Hochkirch in 
E. Schild, Der preußische Feldprediger. Eisleben 1888. S. 69 ff. 
Es war den 14. Oktober, des Morgens um 3 Uhr, als ich durch das 
Feuer des kleinen Gewehrs aus meinem sanften Schlafe geweckt wurde. Ich 
hielt es erst für einen Traum; als ich mich aber ermunterte und deutlicher 
hörte, baß es ein irreguläres Scharmützelfeuer wäre, so glaubte ich, daß es 
eine Pandnren-Attacke sei, deren wir säst alle Nächte gewohnt waren. Ich 
weckte indessen den mir gegenüberliegenden Herrn Hauptmann von Katolynski. 
Er hielt es auch nur für eine Pauduren-Attacke. Da aber auch bei kleinen 
nächtlichen Anfällen die Kompagnien auf ihren Lärmplätzen antreten mußten, 
so sagte mir dieser wachsame Offizier, ich möchte, weil mein Bett am Fenster 
stände, dieses öffnen und dem Feldwebel sagen, daß er die in der Scheune 
liegende Kompagnie wecke, damit, wenn Order käme, sie sogleich das Gewehr 
nehmen und nach dem Kirchhof marschieren könne. Ich bestellte dies, weil 
das Feuer schwächer wurde, mit großer Gelassenheit. Aus einmal hörte das 
Feuer ganz auf. Indessen sagte der Herr Hauptmann sowohl als ich mit 
ruhigem Gesichte: „Es ist doch wohl gut, daß wir ausstehen, denn man hat 
im Lager schon mit den kleinen Glocken zum Morgengebete geläutet; wen« 
nur die großen Glocken nicht auch ansangen zu läuten." Kaum war dies 
gesagt, als das große Geschütz vor und hinter dem Dorfe mächtig zu donnern 
anfing und das kleine Gewehr prasselte. Ich fuhr mit Eile ans dem Bette 
und hatte nur eine Minute nötig, mich anzuziehen. Der Herr Hauptmann 
war indes schon geschäftig, feine Kompagnie zu stellen. Das Feuer ward von 
allen Seiten heftiger, und es fielen schon Granaten in das Dorf. 
Mit dem Letzten der Kompagnie ging ich auf den Platz vor dem Bauern-
	        
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