174
D. Aus der vaterländischen Geschichte.
Dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf
steinigen Vegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen
hatte; oft mußbten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue
und Spaten die Bahn fahrbahr machen; wild erscholl Ruf und
Peitschenschlag der Treiber, die Knaben sprangen hinter den Vagen
und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zug-
tiere machtlos, bis ein Gespann dem andern half oder Mãänner und
Frauen die starken Schultern an die Rãder stemmten. WVar die Reise
wegsamer, dann umritten die Männer spãhend den Zug mit gehobener
Waffe, bereit zum Kampf gegen Raubtieère oder rechtsose Waldlãufer.
3. Als die Vandrer aber nach der ersten Tagefahrt das ein-
same Waldthal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da
wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute
in der Vildnis vor sich zu sehen, hell jauchzten die Kommenden
von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Rufe;
aueh solche, die sich sonst venig gekannt, begrüßten einander wie
Brücder. Die Mãänner traten zu Hauf, und Baldhard, ein meßkundiger
Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden clie
Zugtiere abgeschirrt, die WVagen zu einer Burg zusammengestoben,
und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen
entzündet. Vahrend die Haustiere weideten, von bewaffneten Jüng-
lingen und von den Hunden gehũtet, bereiteten die Frauen die Abend-
kost; die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen
Pferch für die Herde, verteilten die Vachen und holten aus den
Vagen, was sie von kräftigem Trunke mitgebracht hatten; dann
lagerten sie und sprachen bedãchtig von dem guten Weideland, das
sie am Idisbach zu finden hofften, und von dem endlosen Wald im
Sũüden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelãnde,
und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Als das
Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im
Vagenringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem
Lederdach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge
Gemach, nur die Männer saben noch eine Weile beim Trinkhorn
gesellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte
Nachtluft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze
und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Vagen.
Es wurde stiller, nur der Vind blies von den Bergen, die Vãchter
umschritten den Vagenring und den Pfereh und warfen zuweilen
Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die
Hunde, denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den
Flammenring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die
begehrlichen Raubtiere.