fullscreen: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

135. Fortsetzung des Siebenjährigen Krieges. 297 
Mittag speisten. „Dumpfe Verzweiflung muß sie ergriffen haben!" meinten 
sie. Um drei Uhr nachmittags giebt plötzlich der König den Befehl zum 
Ausrücken. Im Nu sind die Zelte verschwunden, und jeder Soldat steht an 
seinem Platze. Seydlitz, Friedrichs kühner Reitergeneral, rüst, indem er 
seine Tabakspfeife hoch in die Luft wirft: „Vorwärts!" und heran 
brausen die Reiter wie ein Wetter; im Sturmschritt rückt das Fußvolk 
vor, und die bis dahin verdeckten preußischen Kanonen sprühen ihre Kugeln 
aus. König Friedrich hält auf feinem Schimmel, den dreieckigen Hut auf 
dem Kopfe, den Krückstock in der Rechten. Bald sieht er durchs Feruglas, 
bald giebt er den Adjutanten kurze Befehle, worauf sie davonsprengen; 
bald langt er aus der Westentasche eine Prise hervor. Die Reichsarmee 
ergriff beim ersten Schusse die Flucht und erwarb sich den Spottnamen 
„Reißausarmee"; die Franzosen hielten sich iy2 Stunden; dann liefen 
auch sie, und wie! Der ganze Weg war besäet mit französischen Kürassen, 
Tornistern, Reiterstiefeln u. f. w.; denn die Franzosen dachten: „Ohne 
das geht's schneller!" Erst als sie die grünen Fluten des Rheins rauschen 
hörten, atmeten sie auf und freuten sich, daß sie keinen der fürchterlichen 
Preußen mehr erblickten. Letztere hatten allein 7000 Gefangene gemacht 
und hatten selber nur 91 Tote. Wie lachten sie, als sie in den franzö¬ 
sischen Offizierszelten ganze Kisten voll Pudermäntel, Schlafröcke, Sonnen¬ 
schirme, wohlriechender Wasser und Pomade erbeuteten! Ganz Deutsch¬ 
land jubelte mit über diese lustige Franzofenjagd und sang spottend: 
„Und wenn der große Friedrich kommt und klopft nur auf die Hosen, 
So läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen." 
2. Lmthen (1757). Der Sieg von Roßbach war allerdings eine 
Aufmunterung. Was half's aber, wenn man nicht der Österreicher Herr 
wurde, die sich schon in Schlesien festsetzten! Dahin eilte jetzt der könig¬ 
liche Held. Er fand den Feind bei Leuthen (2 Meilen westlich von 
Breslau), aber dreimal so stark, als er selber war, und voll Hohn über 
die „Berliner Wachtparade". Friedrich rief alle höheren Offiziere zu¬ 
sammen, stellte ihnen feine verzweifelte Lage vor und sprach: „Ich muß 
es wagen, oder alles ist verloren. Wir müssen den Feind schlagen, oder 
uns unter feinen Batterien begraben lassen! Wer sich aber fürchtet, kann 
jetzt noch ohne Vorwurf feinen Abschied erhalten." „Ja, das müßte ein 
infamer Hundsfott fein!" rief ein Major. „Run", fuhr der König fort, 
„sagen Sie meine Worte den Regimentern wieder, und leben Sie wohl! In 
kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder!" 
Eine hohe Begeisterung ergriff das Heer; nie gingen Preußen todes¬ 
mutiger in die Schlacht; nie wurden sie aber auch besser geführt. Es 
war der ruhmreichste Tag des ganzen Krieges; schon nach drei Stunden 
war der herrlichste Sieg erfochten.' 21000 Österreicher wurden gefangen. 
Müde von der Blutarbeit, lagerten abends die Preußen auf der Walstatt. 
Es war schneidend kalt; ringsum ächzten die Verwundeten; stumm lagen 
die Hansen der Toten. Wie unsäglich schaurig ist ein solches Schlacht¬ 
feld ! Da erhebt ein alter Soldat die Stimme und fingt: „Nun danket 
alle Gott!" Andere Stimmen fallen ein, die Musik auch, und bald fingt 
das ganze Heer den herrlichen Choral, den man seitdem wohl den „Choral
	        
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